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Medien: Blaulicht-Revier

Polizeidramen dominierten das 14. Fernsehfilm-Festival. Doch gewonnen hat Christian Petzolds „Der tote Mann“

Von Katrin Hillgruber

Konzentriert zieht Leyla ihre Bahnen im tiefen Blau des Hallenbades, während draußen der Stuttgarter Sommer groß auftritt. Die junge attraktive Frau (Nina Hoss) führt ein künstliches und anonymes Leben, um einen ungeheuerlichen Racheplan in die Wege zu leiten. Später steht sie mit ihrem ersten Opfer, dem sensiblen Anwalt Thomas (ungewöhnlich besetzt: André Hennicke), auf einer Brücke und lässt sich von ihm seine erste Enttäuschung in Liebesdingen erzählen. Noch ist alles offen. Noch können die Figuren die Brücke zu beiden Seiten hin verlassen. Doch in den Fernsehspielen von Christian Petzold tritt in solchen Momenten die Nemesis der Wiederholung auf den Plan: In ausgesucht kaltfarbigen Panoramen fallen die Menschen ihrer Sehnsucht nach Liebe und Freiheit zum Opfer.

Mit „Toter Mann“ zeichnete die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste jenen Film mit ihrem Fernsehpreis aus, der in seiner geschlossenen Ästhetik und ruhigen Lakonik das originellste Werk war. Das bedeutet einen erneuten Triumph für die Fernsehspielredaktion von ZDF/Arte, die mit „Jenseits“ bereits 2001 gewann. Als künstlerisch gleichwertige Alternative wäre allenfalls Dominik Grafs ebenso kühne wie poetische Videoproduktion „Die Freunde der Freunde“ (WDR) in Frage gekommen. Ansonsten bestimmten eine im Selbstmitleid plätschernde Krisenbranche sowie Polizeisirenen die Atmosphäre im Kurhaus: Sieben von zwölf Wettbewerbsbeiträgen handelten von den inneren Abgründen der Ordnungshüter. Besonders stringent taten dies die tödlichen Mobbing-Dramen junger Polizistinnen „Der Tod ist kein Beweis“ (ZDF) und „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ von Marc Rothemund (NDR). Sonderpreise für ihre Darstellung erhielten Anneke Kim Sarnau und Axel Prahl als Opfer und Peiniger in dieser eiskalten Verfallsgeschichte, außerdem Erwin Steinhauer als der stoische niederösterreichische Polizist Simon Polt in „Blumen für Polt“ von Arte/ORF.

1989 entwickelte Hans Abich bei der „Dämmerstunde mit Schoppen“ die Idee des viertägigen Branchentreffens in Baden-Baden. Der 84-jährige „Voltaire der ARD“ empfing für seine Verdienste um das Kulturereignis die Silberne Ehrennadel der Stadt. In diesem Krisenjahr war man besonders nett zueinander. Das führte zu monoton wohlwollenden Urteilen einer von Martin Wiebel präsidierten Jury, deren beide Pole die emotional argumentierende Schauspielerin Martina Gedeck und der „Analytiker“ Peter Körte („FAZ“) bildeten. Irgendwo dazwischen bewegten sich die Produzentin Dagmar Rosenbauer sowie die Fahrensmänner Peter Märthesheimer und Norbert Schneider.

Das Proporzdenken ließ auch die Privatsender nicht in Vergessenheit geraten: Einen Sonderpreis bekam Tatjana Blacher. Sie verkörpert in dem trivialen Nachbarschafts-Verständigungs-Drama „Eine außergewöhnliche Affäre“ von Sat 1 (Buch und Regie: Maris Pfeiffer) eine schwer gebeutelte Ehefrau und Mutter, deren Vollkasko-Welt aus heiterem Himmel von homophilen Neigungen des Gatten erschüttert wird. Mehr Tapferkeit vor dem Freund forderte ZDF-Fernsehspielchef Hans Jahnke: Tapferkeit bei der Budgetierung und bei der Beurteilung der angebotenen Stoffe – ein edler Wunsch.

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