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Medien: Blick in den Menschen

„Leib und Leben“: ein Hochglanzheft über Medizin

Ein Mensch, auf dem Rücken liegend, die Knie angezogen, gefangen in Klammern, festgehalten von Drähten. Den Hals würgt ein Band. „Selbstfindung“ heißt das Foto von Jürgen Klauke, mit dem die neue Zeitschrift „Leib und Leben“ beginnt. Sie will, so schreibt der Verlag, einen besonderen Blick auf die Medizin werfen: das Thema, das als schwer vermittelbar gilt, mit Reportagen aufarbeiten und mit künstlerischen Fotostrecken wie der von Jürgen Klauke. Klauke ist Professor für Fotografie in Köln, er hat sich selbst mit einem Röntgengerät durchleuchtet. Seine schemenhaften Bilder lassen ahnen, wie vage auch die schärfsten Blicke der High-Tech- Medizin sein können.

Jede Ausgabe von „Leib und Leben“ hat ein Schwerpunktthema, und das des ersten Hefts heißt „Blicke in den Körper“. Solche werden heute aufs Genaueste ermöglicht durch bildgebende Verfahren wie Computer- oder Magnetresonanztomografie. Weniger aufregend sind Methoden wie Ultraschall oder Röntgen, die heute fast in jeder ärztlichen Praxis routinemäßig angewandt werden. Etwas brav werden die verschiedenen Methoden erklärt, ihre Prinzipien, Geschichte, Risiken und Nebenwirkungen und Zukunftsaussichten fast lexikalisch beschrieben. „Kompetent und verständlich“, so der selbst gestellte Anspruch der Redaktion, ist das schon, aber auch unterhaltsam? Für den unterhaltsamen Part wurde Oliver Sacks engagiert, Professor für klinische Neurologie am New Yorker „Albert Einstein College für Medizin“, Vorzeigewissenschaftler mit literarischer Begabung. Sein Beitrag „Was Blinde sehen“, aus dem Notizbuch eines Neurologen, ist der interessanteste Text des Hefts.

Im Heft wird die moderne Medizin immer wieder kritisch unter die Lupe genommen. Besonders originell sind die Themen allerdings nicht. Der Bericht über Probleme der Früherkennung wirkt etwas abgestanden, Ähnliches hat man in letzter Zeit immer wieder gelesen. Auch der Diskussionsrunde mit Dietrich Grönemeyer über Schulmedizin und Homöopathie fehlt es an Spritzigkeit. Bei Interviews wird allzu brav gefragt. Originell der Beitrag über die Begierde von Marketingexperten, einen realen Blick in Kundenhirne zu werfen. Fast steril wirkt oft die Bebilderung. Immer wieder Chirurgen, mal in blauen, dann in hell- oder dunkelgrünen Kitteln. Doch das Heft ist solide, erfreulicherweise nicht von Werbung dominiert.

„Leib und Leben“ liegt von heute an am Kiosk. Das Heft erscheint sechs Mal im Jahr im Friedrich Berlin Verlag.

Paul Janositz

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