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Sebastian Leber ist Redakteur in der Sonntagsredaktion des Tagesspiegels. In seiner Freizeit schreibt er seit Kurzem ein Blog über Tiere.

© Mike Wolff

Bloggerkolumne: Wie werde ich ein Blogger?

Unser Autor will endlich sein eigenes Blog. Ein Thema hat er schon: Was mit Tieren. Jetzt fehlen nur noch die Leser.

Okay, sagte Frida, wir können es ja mal versuchen: gemeinsam einen Blog eröffnen. Voraussetzung sei natürlich, ich begreife, dass es nicht der Blog, sondern das Blog heiße. Seit wann, fragte ich. Seit immer, sagte sie. Ein überzeugendes Argument kann mir Frida bis heute nicht nennen, aber ich bin kompromissbereit. Hauptsache, ich kriege meinen eigenen, mein eigenes Blog.

Mit dem Bloggen ist es wie mit dem Kauf eines MacBook Pro: Man muss es nicht tun, aber wenn, kann man allen seinen Freunden davon erzählen und mehrheitlich anerkennende Blicke ernten. Weil bloggenden Menschen, weshalb auch immer, automatisch gewisse Vorzüge unterstellt werden: Originalität und Schaffensdrang etwa und ein Anliegen.

Unser Blog heißt „Tiere sind Freaks“, und sollten wir ein Anliegen haben, dann wohl dieses: Man muss auch mal offen aussprechen dürfen, wenn Tiere gemein oder hässlich oder asozial sind! Der Parasit Cymothoa exigua zum Beispiel schwimmt im Pazifik Barschen ins Maul, frisst deren Zunge auf und klammert sich an genau dieser Stelle fest, so dass er fortan selbst als Zunge fungiert. Frida und ich glauben, dass Cymothoa exigua Millionen interessieren wird. Und dass dieses Blog spätestens im übernächsten Jahr den Grimme-Online-Award gewinnt, und dann dauert es nicht mehr lange, bis wir daraus ein Buch machen und richtig Geld verdienen. Unsere Blog-Statistik sagt, dass aktuell jeden Tag sechs Menschen auf die Seite klicken. Von denen muss man allerdings noch Frida und mich abziehen. Plus die „Zitty“-Redakteurin Lydia, die wir ins Team aufgenommen haben. Vermutlich auch Katja, eine Freundin, die ebenfalls mitmachen möchte, aber seit drei Wochen ihren ersten Blogeintrag nicht liefert. Stattdessen schreibt sie Mails, in denen sie sich entschuldigt, dass sie noch keinen Blogeintrag verfasst hat. Katja sagt, sie habe eine Schreibblockade.

Letzten Sonntag erreichte uns der erste Kommentar eines Lesers. Er umfasste nur fünf Wörter: „Son Quatsch braucht kein Mensch.“ Ich überlege jetzt, ob ich für das Blog eine Wikipedia-Seite anlegen sollte. Erst wenn etwas auf Wikipedia steht, existiert es in der Online-Welt wirklich. Leider haben Journalisten-Kollegen schlechte Erfahrungen damit gemacht. Sie trugen sich selbst ein, als bedeutende Persönlichkeiten, und dann haben andere Nutzer demütigende Fakten dazugeschrieben, das liest sich nicht schön.

Man denkt ja, im Internet müsste noch viel Platz sein für neue Blogs. Zumindest ein paar Nischen müsste es geben, zwischen Spreeblick und Nerdcore und dem Niggemeier. Und dass jeder, der fleißig genug schreibt, auch gelesen oder jedenfalls geklickt wird. Vielleicht stimmt das gar nicht. Vielleicht kommen auf jedes erfolgreiche Blog tausend gescheiterte, die keiner beachtet. Diese Verlierer müsste man eigentlich mal auflisten. Es müsste ein Blog geben, das alle gescheiterten Blogversuche in chronologischer Reihenfolge dokumentiert. Machst Du mit, Frida?

Sebastian Leber arbeitet für die Sonntagsredaktion. Sein Blog können Sie hier lesen.

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