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Medien: Böse Alkoholwerbung

Tagesspiegel-Leser sollten unbedingt Bier-, Wein- oder Schnapsanzeigen sammeln, die in ihrem Leib- und Magenblatt erscheinen. In zehn Jahren sind die Werke möglicherweise einige Hundert Euro wert – auf dem Schwarzmarkt.

Tagesspiegel-Leser sollten unbedingt Bier-, Wein- oder Schnapsanzeigen sammeln, die in ihrem Leib- und Magenblatt erscheinen. In zehn Jahren sind die Werke möglicherweise einige Hundert Euro wert – auf dem Schwarzmarkt. Nach der Tabakwerbung hat die EU die Spots und Inserate für Alkoholisches auf den Index gesetzt. Und weil es unter Parlamentariern überproportional viele Schluckspechte gibt, steht zu befürchten, dass sie der Werbung für den geliebten Stoff den Garaus machen. Ein Widerspruch? Keineswegs.

Es ist eine alte Nummer, dass Politiker nach außen den großen Saubermann machen. Und wie geht das besser als mit Pamphleten gegen die böse Alkoholwerbung?

Tatsache ist, dass die Werbeausgaben für geistige Getränke in den letzten zwanzig Jahren kontinuierlich gestiegen sind. Doch statt gleichfalls zu wachsen, hat sich der Alkoholkonsum in Deutschland zurückentwickelt. Vor allem Jugendliche überlassen Rausch und Kater lieber ihren Vätern. Die Werbeausgaben sorgen allenfalls für Verlagerungen von Zechweinen auf gehobene Gewächse oder von einer Biermarke auf die andere. Zudem haben sich die werbenden Unternehmen darauf geeinigt, junge Leute als Zielgruppe außen vor zu lassen. Wendet sich ein Getränk trotzdem an den jugendlichen Gusto, gibt es zu Recht Zoff von Verbraucherschützern. Die beschweren sich beim Werberat. Und wenn der eingreift, ist die Kampagne in 99 Prozent aller Fälle beendet.

Vielen Tugendwächtern ist das nicht genug. Sie wollen, dass die deutsche Werbung auf ewig alkoholfrei wird. Macht Sinn. Aber was kommt danach? Werbeverbot für Schokodade, PCs, Motorräder, Limo, Hamburger, Fluglinien? Das Leben ist voller Gefahren.

Wer will, kann sogar unter der Dusche ertrinken. Reinhard Siemes

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