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Boxen: Immer wieder Klitschko

Nach dem RTL-Box-Event heute hoffen auch ARD und ZDF auf größere Kämpfe.

Wenn im Zusammenhang mit Wladimir Klitschko die Glocken läuten, ist Vorsicht geboten. Die Faust von „Dr. Steelhammer“, dem mehrmaligen Box-Weltmeister im Schwergewicht, ist gefürchtet. Nicht so im Internet-Werbetrailer für den Boxkampf heute Abend. Dort kommt der Ukrainer mit einem zarten Schiffsglockenläuten in seiner „zweiten Heimat“ Hamburg an, wo vor zwölf Jahren seine Karriere begann. Klitschko gegen Herausforderer Tony Thompson: Für den Kölner Privatsender RTL hat diese Sportübertragung Fußball-EM-Niveau. 15 Kameras, Showact, Einmarschmusik, Nationalhymne, jede Menge Prominenz am Ring, angezogene Werbepreise – fast wie in alten Kampf-der-Giganten-Zeiten mit Henry Maske oder Axel Schulz wird Boxen zur Primetime aufgepeppt.

„Für uns ist es eine Herausforderung, mit der Live-Übertragung ein ganz besonderes TV-Event zu präsentieren, das über die eingefleischten Boxfans hinaus ein breit gefächertes Fernsehpublikum am Samstagabend begeistert“, sagt RTL- Sportchef Manfred Loppe. So viel Schwärmerei scheint nötig. Wer – außer eingefleischten Fans – kann sich an die verschiedenen Boxabende bei ARD, ZDF und RTL in diesem Jahr überhaupt noch erinnern? Und: Was wird sein, wenn die großen Namen fehlen? Klitschko, Klitschko, immer wieder Klitschko. Dessen letzten Kampf in Deutschland, vor einem Jahr in Köln gegen Lamon Brewster, sahen über elf Millionen Zuschauer. Auch der Sieg gegen Sultan Ibragimov im Februar in New York hatte zu nachtschlafener Zeit mit 2,3 Millionen Zuschauern einen Marktanteil von 64 Prozent. Ein mögliches Comeback des älteren Bruders Vitali im Oktober könnte der Szene weitere Impulse verleihen. Doch auch die Kräfte des bald 37-Jährigen, verletzungsanfälligen Ex-Weltmeisters sind endlich.

Von solchen Namen und elf Millionen Box-Zuschauern kann das ZDF derzeit nur träumen. Angekündigt war für den 5. Juli die große WM-Nacht der Revanchen mit einem quotenträchtigen Doppelkampf. Einerseits ging es um die Verteidigung des Mittelgewichts-Weltmeistertitels von Felix Sturm gegen Randy Griffin. Im Zentrum des Interesses stand jedoch der zweite Kampf um den Titel des Weltmeisters im Schwergewicht, den Ruslan Tschagajew gegen Nikolai Walujew verteidigen sollte. Dazu kam es nicht. Tschagajew zog sich beim letzten Trainingstag einen Riss der Achillessehne zu. Obwohl sich Felix Sturm gegen Randy Griffin durchsetzte, fiel das Quotenergebnis für das ZDF eher enttäuschend aus. 3,9 Millionen Zuschauer und ein Marktanteil von 18,6 Prozent gelten zwar als ordentliches Ergebnis, große Kämpfe kommen jedoch auf doppelt so hohe Werte.

In Mainz erinnert man sich gerne an Persönlichkeiten wie die von Luan Krasniqi, zu dessen Hochzeiten acht Millionen Zuschauer und mehr die Regel waren. Krasniqi erlebte einen Karriereknick. Selbst der durch seine Statur so eindrucksvolle Nikolai Walujew ist in erster Linie unter Box-Fans bekannt. Richtig interessant wird der Petersburger damit erst in Kombination mit – Wladimir Klitschko. Sobald Walujew seine Revanche gegen Tschagajew gewonnen hat, könnte dieser Kampf der Giganten stattfinden.Wobei dann noch zu klären ist, welcher Sender überträgt. RTL würde gerne, dürfte es aber nicht zwangsläufig sein. Walujew ist nämlich über seinen Boxstall Sauerland bei der ARD unter Vertrag. Aber ob so ein Kampf im Ersten gut aufgehoben wäre? Man muss kein Freund von RTL-Box-Reportagen à la Kai Ebel sein, um ARD-Moderationen wie die im Juni von René Kindermann beim Kampf von Arthur Abraham etwas bräsig zu finden.

Vor allem am Ersten, das zehn Kämpfe im Jahr überträgt, scheint der Box-Boom etwas vorübergezogen zu sein. Selbst von 2001 bis 2006, als sich RTL aus den Übertragungen zurück gezogen hatte, konnte man sich trotz diverser Klitschko-Kämpfe nicht zum Boxsender Nummer Eins profilieren. Und seit November 2006 kämpft Wladimir Klitschko, der sich mittlerweile selbst vermarktet, exklusiv bei RTL. Dort wartet er auf die ganz großen Gegner. Immerhin: Für das Box-Event heute abend wurden die Werbepreise angehoben. Ein 30-Sekunden-Spot während des Kampfes kostet erstmals über 100 000 Euro. Dumm nur für Vermarkter und Gegner, wenn dann nicht allzu viele Rundenglocken läuten.

Boxen: Wladimir Klitschko – Tony Thompson, RTL, ab 22 Uhr 10

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