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Bundesliga im Internet: Bye, Bye, Reinhold Beckmann

„Sportschau“ vs. Google TV: Verschwindet die Fußball-Bundesliga in den Neuen Medien? Die Ausschreibungsszenarien für die Übertragungsrechte lassen diese Möglichkeit zu.

Wenn das kein Bild für die Zukunft ist: Der erste Kracher im neuen Fußball-Jahr – lief im Internet. Am späten Mittwochabend, spanischer Pokal, Real Madrid gegen FC Barcelona, exklusiv übertragen via Live-Stream vom Online-Portal laola1.tv. Das in Österreich sitzende Unternehmen der „sportsman media holding“ besitzt die Internetrechte an Spielen von spanischer Liga und Pokal. Sicher, 354 785 Zuschauer, an Laptop oder PC, das ist noch nicht die Welt, verglichen mit den sieben, acht Millionen, die sich heute Abend im Ersten einem anderen Fußball-Klassiker zuwenden werden: dem Spiel Mönchengladbach gegen Bayern München. Reinhold Beckmann als Moderator, Mehmet Scholl als Experte – zum Rückrunden-Auftakt darf die gute, alte ARD-„Sportschau“ gleich wieder groß zeigen, was sie drauf hat.

Wie lange sie das noch tut, und wie stark die Neuen Medien in Sachen Fußball wirklich werden, das ist zurzeit die große Frage und liegt in der Hand der Deutschen Fußball-Liga (DFL). In diesen Tagen starten die Verhandlungen über die neuen millionenschweren Rechte-Verträge ab der Bundesliga-Saison 2013/2014. ARD, ZDF, Sky, Telekom, Sport1, Sat1 – die bekannten Verbreiter von Bundesliga-Bildern sitzen wieder mit im Boot, aber nach allem, was man hört, haben neue Player wie Yahoo, Vodafone TV sowie das Kirch-Unternehmen Sirius die Fühler ausgestreckt, um Teil des großen Fußball-Medien-Geschäfts zu werden. Und damit vielleicht auch ein wenig die Sehgewohnheiten zu verändern, in Richtung laola1.tv.

Von vielen „Sportschau“-Fans gefürchtet ist eines von zwei sogenannten Ausschreibungs-Szenarien der DFL: „Neue Medien“. Damit will die Liga dem Übertragungsweg Web-TV eine größere Rolle zukommen lassen. Die erste frei empfangbare Zusammenfassung der Samstagspiele ist dabei am frühen Abend über Internet und mobile Endgeräte vorgesehen. Eine „Sportschau“ um 18 Uhr 30 entfiele, im Free-TV dürfte frühestmöglich ab 21 Uhr 45 berichtet werden. Das würde das Aus der klassischen ARD-„Sportschau“ bedeuten und wahrscheinlich ein – dann wieder deutlich aufgewertetes – ZDF-„Sportstudio“ oder gar die Champions–League-bewährte Sat1-„ran“-Redaktion auf den Plan rufen.

Die großen Unbekannten in dieser Rechnung sind: Google, Yahoo oder auch Vodafone TV. In den vergangenen Wochen meldeten immer mehr Firmen ihr Interesse an Liga-Rechten an, was reflexhaft die öffentlich-rechtlichen Hüter der ARD-„Sportschau“ auf den Plan rief. Mit scharfen Worten kommentierte die Vorsitzende Monika Piel die zugrunde liegende Entscheidung des Kartellamtes zur zentralen Vermarktung durch die DFL. Diese Entscheidung sei nicht im Sinne der Zuschauer, da sie die Gefahr berge, „dass die DFL mit einer Erstausstrahlung von Bildern des Bundesliga-Spieltages im Netz einen großen Teil des Publikums ausschließt“. Und, das hat Piel nicht gesagt, die Großsponsoren, die mit ihren TV-Spots, Trikot-Logos und Stadien-Banden von der Quote, der Ware Aufmerksamkeit leben.

Sponsoren könnten sich durch eine Verlagerung der Highlight-Berichterstattung ins Netz verprellt sehen. Wer guckt denn da? Die Zahl derjenigen, die daheim mit Flatrate und schnellem Internet-Zugang zu so einer Bundesliga-Erfahrung am PC bereit sind, ist überschaubar. Das weiß auch Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge, der gerade wieder in einem Interview mit „11 Freunde“ ein Mehr an Einnahmen für die Liga gefordert hat. „Ich erwarte von den Verantwortlichen, dass darauf hingearbeitet wird, damit Deutschland in absehbarer Zeit beim TV-Geld mit Italien mithalten kann.“ Derzeit kassiert die DFL durchschnittlich 412 Millionen Euro pro Saison. Deutlich mehr gibt es in Italien, einem Land, das laut Rummenigge „kleiner ist als Deutschland und nicht annähernd unsere Wirtschaftskraft besitzt“. In Italien werden 900 Millionen Euro pro Jahr bezahlt.

Vodafone hin, Sat1-„ran“ her, Internet oder Fernsehen, es wird am Ende des derart angestachelten, viel komplizierter gewordenen Bieterverfahrens wohl wieder auf die ARD und auf das andere Ausschreibungsszenario hinauslaufen: mit, wie gewohnt, einer TV-Highlight-Ausstrahlung am Vorabend. Nur, dass es die ARD mehr als die 100 Millionen Euro kosten könnte, die sie derzeit pro Saison für ihre „Sportschau“ zahlt. Ein deutscher Fußball-Klassiker als Live-Spiel im Web? Das trägt dann vielleicht in vier Jahren, wenn Internet- und TV-fähige Hybrid-Geräte in den Haushalten Standard geworden sind.

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