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Medien: Clara Fall

Wie leben und lieben Endzwanziger in Berlin? Pro 7 riskiert eine neue deutsche Comedy-Serie

Fehlt nur noch, dass ein Bus der Berliner Verkehrsbetriebe vorbeikommt, mit einem Ganzkörperfoto von Clara Stern drauf. „Sex and the City“-geschulte Zuschauerinnen dürften schnell mitkriegen, woher bei der neuen Pro-7-Serie „Verrückt nach Clara“ der Wind weht. Schuhtick, Singles, Kolumnen, Liebe und Beziehung, Großstadt, Sex und Betrug – mit dem Stoff hat Pro 7 jahrelang Klasse und Quote geliefert, und warum sollte eine Art junges „Sex and the City“ gleich wieder scheitern, nur weil das die meisten neuen deutschen Serien tun?

An Clara wird es nicht liegen. Clara ist Julia-Maria Köhler, eine Entdeckung und offenbar das, was man ein perfektes Casting nennt. Die Geschichte, die Produzenten, der Sender - alles war schon da, nur die richtige Clara hat nach 200 Bewerberinnen noch gefehlt. Kurz bevor das Projekt hätte verschoben werden müssen, entschied sich „teamWorx“-Chef Nico Hofmann für Julia-Maria Köhler, eine 28-jährige Theaterschauspielerin aus Senftenberg, die in diesen Tagen von zig Zeitschriftencovers blickt. Von Covers, nicht von Stadtbussen, wie Carrie Bradshaw alias Jessica Parker in 94 Folgen „Sex and the City“. Gut für Berliner Autofahrer, gut auch für die Erwartungshaltung, an der zuletzt einige ambitionierte deutsche Produktionen gescheitert sind. So hört sich die Geschichte der Klatschblatt-Kolumnistin Clara Stern, die in der deutschen Metropole nach Mister Right sucht, während sie in ihrer WG zum Schein mit dem schicken Schwulen Paul ein Paar abgibt, zwar irgendwie bekannt an, tut in der ersten Folge aber zumindest so, dass sich das alles immer wieder neu und flott erzählen lässt.

Zugegeben, die Ausgangssituation wirkt reichlich konstruiert. Keine attraktive 29-Jährige, schon gar keine Magazin-Kolumnistin, wird ihr Singledasein heutzutage durch eine Scheinpartnerschaft mit einem Schwulen vertuschen, und die Outing-Angst des Schwulen Paul kommt 20 Jahre nach „Männer“ etwas altbacken daher. Wenn man sich daran aber erst mal gewöhnt hat, ist „Verrückt nach Clara“ manch cleverer Dialog, manch unvorhergesehene Wendung, manch schöner Set und Berlin-Blick abzugewinnen.

Es ist das erste Langzeitformat des Erfolgsproduzenten Nico Hofmann , wohlgemerkt, zu einer Zeit, in der es für deutsche Zeitgeistserien mau aussieht. Jüngster Fehlschlag: „Zwei Engel für Amor“, die Nachfolgeserie von „Berlin, Berlin“ im Ersten. Und mit Eigenproduktionen à la „Lotta in Love“ hat Pro 7 bislang an Fernsehpreisen vorbeigesendet. 2005 scheiterte der Privatsender mit „Alles außer Sex“ und dem Versuch, eine deutschsprachige Serie nach angloamerikanischem Vorbild zu etablieren, 2006 der Schwestersender Sat 1 mit „Bis in die Spitzen“. Pro 7 bezeichnet das neue Format denn auch als eines seiner „riskantesten Projekte“. Vielleicht deswegen der große Anlauf bei „Verrückt nach Clara“. Das „Liebes- und Lebensgefühl der Ende Zwanzigjährigen“ in der Sex-Hauptstadt Berlin möchte Hofmann einfangen, eine junge Generation auf der Suche nach sich selbst, „auch im Bereich der sexuellen Identität“, die neue „Weiblichkeit der Männer“, immer häufiger gelebte bisexuell gelebte Beziehungen, kurz: man ginge da deutlich weiter als alle anderen bislang da gewesenen Fernsehserien.

Solch einen Superlativ hat die Comedyserie gar nicht nötig. Prognose: Für acht Folgen reicht’s auf jeden Fall. Dank gutem Figurenensemble, dank Julia-Maria Köhler, der Fernsehentdeckung, und dank Carrie Bradshaw, die Clara wie von ferne einflüstert: „Für ein Stadtmädchen wie mich sind zwei Wildledersandalen, die man aus ihrem Seidenpapier befreit, wie die ersten Schmetterlinge, die man im Frühjahr sieht. Ein sicheres Zeichen dafür, dass der Winter und das schlechte Wetter nun vorbei sind.“ Und gleich kommt dann doch noch ein BVG-Bus mit Clara Stern vorbei.

„Verrückt nach Clara“,

Pro 7, 20 Uhr 15

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