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Copyright: 0:2 gegen die Hartplatzhelden

Was dürfen Hobbyfilmer? Das Youtube der Amateurfußballer unterliegt erneut und hofft nun auf den BGH. Und auf weitere Spenden.

„Jetzt steht es 0:2 gegen uns, aber ein Spiel hat 90 Minuten und wir befinden uns erst in der Mitte der zweiten Halbzeit“, macht sich Oliver Fritsch Mut. Das ist auch nötig. Fritsch ist einer von drei Betreibern der Fußball-Fanseite Hartplatzhelden.de, einer Art Mini-Youtube für Amateurkicker. Gegen die Webseite hat der Württembergische Fußballverband (wfv) geklagt und nun in der zweiten Instanz vor dem Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) erneut gewonnen. Stein des Anstoßes sind die Videos von Amateurfußballspielen aus dem württembergischen Verbandsgebiet, laut OLG-Entscheidung eine unlautere Nachahmung durch die Webseitenbetreiber.

Für den Fußballverband ist die Entscheidung eindeutig: „Dieses Urteil ist ein klarer Sieg für den Amateurfußball und unsere Vereine, die ihren Mitgliedern ein umfangreiches Angebot machen und damit eine wichtige Funktion in der Gesellschaft übernehmen“, sagte wfv-Präsident Herbert Rösch nach dem OLG-Spruch. „Es ist unsere Pflicht, unsere Mitglieder gegen kommerzielle Interessen von Dritten zu schützen. Unser Ziel ist und bleibt die bestmögliche Darstellung des Amateurfußballs – auch im Internet.“

Das letzte Wort ist allerdings noch nicht gesprochen. Das Oberlandesgericht hat ausdrücklich die Revision durch den Bundesgerichtshof zugelassen. „Die Sache ist von grundsätzlicher Bedeutung, unter anderem weil die bisherigen Entscheidungen alle zum Profisport ergangen sind“, so das Stuttgarter Gericht. Schließlich lautet die Frage auch: Wer darf was im Internet? Im Moment betreffe das vor allem Seiten wie Hartplatzhelden.de, sagt Fritsch, doch in fünf bis zehn Jahren, wenn die lokalen Zeitungen auf ihren Webseiten ebenfalls Videos von Kreisliga-Begegnungen zeigen wollen, werde man erkennen, dass der DFB hier allen „ein Monopol vor die Tür gesetzt hat“.

Für Ansgar Ohly, Inhaber des Lehrstuhls Urheber- und Wettbewerbsrecht an der Universität Bayreuth, ist das Urteil zwar moralisch, aber nicht juristisch nachvollziehbar. Der Württembergische Fußballverband erbringe sicherlich eine anerkennenswerte Leistung für den Fußballsport, dennoch sieht der Jurist das Recht auf Seiten der Webseitenbetreiber. Dabei stützt sich Ohly zum einen auf das Urheberrecht, das zwar das „Recht darbietender Künstler“ an ihren Werken kennt – zum Beispiel bei einem Veranstalter von Rockkonzerten –, nicht jedoch das Recht eines Sportveranstalters. Solange ein solches Recht aber gar nicht existiere, sei es müßig darüber zu streiten, wer denn der Veranstalter der Amateurfußballbegegnungen sei – einmal davon abgesehen, dass zwar der wfv durch die Entsendung von Schiedsrichtern einige Leistungen erbringt, aber eben längst nicht alle.

Die beiden Urteile rufen nach Ohlys Einschätzung auch noch aus einem anderen Grund nach einer höchstrichterlichen Korrektur, denn das Wettbewerbsrecht greife bei den Hartplatzhelden ebenfalls nicht. Die beiden Gerichte begründeten ihre Entscheidungen damit, dass Hartplatzhelden.de eine fremde Leistung übernähmen beziehungsweise unlauter nachahmten. Gesetzwidrig sei dies jedoch nur, wenn dies zum Beispiel durch Täuschung des Verbrauchers wie bei einer gefälschten Rolex-Uhr geschehe. Hinzu komme noch ein spezifischer Internetaspekt. So werden die Videos nicht von den Webseitenbetreibern erstellt. Vielmehr handele es sich bei Hartplatzhelden.de um eine Web-2.0-Plattform, die von den Amateurfußball-Fans für deren selbst gemachte Videos genutzt werde. Anders als bei urheberrechtlich geschützten Videos von TV-Sendern bei Youtube sei dies nicht verboten.

Selbst ein kommerzielles Interesse der Hartplatzhelden, die unter anderem mit dem Süddeutschen Verlag und Stern.de kooperiert hatten, sei nicht verwerflich. Für die Webseite gebe es offensichtlich ein großes Interesse vor allem bei den Eltern der Amateurkicker. Das hätten die Hartplatzhelden zuerst erkannt. Sollte das Projekt irgendwann Gewinn abwerfen, dann hätten die Betreiber einfach eine gute Marktidee gehabt. „Das ist ein regelrechter Musterfall und ein echter Anlass für eine Leitentscheidung“, sagt Ohly.

So klar Ohlys Plädoyer für die Hartplatzhelden ausfällt, deren Chancen, den Rückstand wettzumachen, sind gering – aus finanziellen Gründen. Allein für die ersten beiden Instanzen müssen 15 000 Euro aufgebracht werden, der Gang zum Bundesgerichtshof kostet nochmal genauso viel. Für die Betreiber von Hartplatzhelden.de ein zu hoher Preis. „Wir hoffen nun auf Unterstützung und Spenden durch die Fußballer und das Internet“, sagt Fritsch.

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