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Dänen-Krimi: Beschützer unter Beschuss

Eine fein gesponnene Atmosphäre der Angst prägt die neuen „Protectors“-Folgen im ZDF.

Der Mohammed-Karikaturist wird im Hotel angepöbelt und mit Schuhen beworfen. Er schluckt Tabletten gegen die Angst. Und wenn im Fernsehen mal wieder von einem Anschlag islamistischer Terroristen berichtet wird, räumt er im Zimmer seine Minibar leer und flüchtet mitsamt Schnapsfläschchen in den Wald. Leider ohne seinen Personenschützern Bescheid zu sagen. Der Mann – für die einen ein Held der Meinungsfreiheit, für die anderen ein unverantwortlicher Provokateur – ist ein Wrack. Jedenfalls als fiktive Filmfigur in der dänischen Krimi-Reihe „Protectors – Auf Leben und Tod“, von der Koproduzent ZDF die zweite Staffel mit fünf weiteren Folgen jeweils sonntags zeigt.

Wie bei der im Herbst 2009 ausgestrahlten ersten Staffel, wie bei „Der Adler“ und „Unit One“, haben sich erneut Peter Thorsboe und Mai Brostrøm die Geschichten ausgedacht. Und gemeinsam mit Produzent Sven Clausen hat das Autoren-Duo für alle drei Krimi-Reihen im vergangenen Jahrzehnt einen Emmy gewonnen. Eine Polizei-Trilogie vom Feinsten also, und ein bisschen darf sich auch das ZDF, das in den vergangenen Jahren auf dem beliebten skandinavischen Krimi-Markt sehr umtriebig war, den Erfolg ans Revers heften.

Nach wie vor befehligt Leon Hartvig Jensen (Thomas W. Gabrielsson) in „Protectors“ die Spezial-Einheit von Personenschützern. Leons Leute sind nicht der Typ schweigsamer Kleiderschrank, der sich einfach nur in jeden Schuss wirft. Sie sind zugleich Ermittler, aufmerksame Beobachter und umfassend ausgebildete Polizisten. Drei von ihnen, darunter die ägyptischstämmige Jasmina (Cecilie Stenspil), schickt Leon nach Islamabad, um einen Besuch der Außenministerin in Pakistan vorzubereiten. Die Ministerin will unbedingt eine Mädchenschule besuchen, was allerdings ein hohes Risiko darstellt, denn die Schule ist im Visier der Taliban. Jasminas Freund Rasmus (Søren Vejby) und ihr jüdischer Kollege Jonas (André Babikian) langweilen sich unterdessen als persönliche Schatten des Mohammed-Karikaturisten Pedersen (Lars Knutzon) auf dessen Vortragsreise durch die dänische Provinz.

Obwohl irgendwann tatsächlich eine Bombe explodiert, geht es hier nicht um ein tempo- und actionreiches Spektakel: Der Film lebt von einer fein gesponnenen Atmosphäre der Angst, von ruhigen Einstellungen und realitätsnah wirkenden Bildern der Handkamera.

Während die Agenten in Pakistan in jeder Sekunde mit einem Anschlag rechnen, sorgen sich die Angehörigen und Freunde in der Heimat, haben düstere Vorahnungen und Träume.

Spannend ist das schon, doch der Film wandelt auch auf ziemlich ausgetretenen Pfaden: Mit bedrohlich dreinblickenden Muslimen, Turban tragenden Terroristen, die ihre Bomben in düsteren Verschlägen basteln und dabei schaurige Gebete sprechen, und – als positives Gegenbeispiel – mit einer pakistanischen Hotelbediensteten, die mal für einige Jahre in Dänemark lebte und nun in der Heimat Unterschriften gegen Terrorismus sammelt. Ihr Ex-Verlobter sitzt ständig in der Lobby herum und ist derart übertrieben übellaunig, dass er eigentlich als Verdächtiger sofort ausfällt. Und was ist mit dem Karikaturisten daheim? Die Parallelhandlung um Pedersen wirkt etwas angestrengt und langatmig. Auch sein reales Vorbild, Kurt Westergaard, dessen Zeichnungen mit monatelanger Verspätung schwere Unruhen in der islamischen Welt ausgelöst hatten, lebt unter Polizeischutz. Immer wieder gab es Angriffsversuche gegen ihn, gegen die Zeitung „Jyllands-Posten“, in der die Zeichnungen erschienen waren, und gegen dänische Botschaften. Bei einem Anschlag in Islamabad starben im Juni 2008 acht Menschen.

Der fast zweistündige Film spiegelt diese angespannte Situation, mehr allerdings auch nicht. Seine Helden sind die Sicherheitsbeamten, die ihr Leben riskieren und sich im Zweifel aufopfern. Und wofür? Im spannenden Werte-Konflikt um Meinungsfreiheit und Religion flüchten die dänischen Filmemacher am Ende, wenn die Einheit der Personenschützer tatsächlich eines ihrer Mitglieder beerdigen muss, in Patriotismus und Pathos.

„Protectors – Auf Leben und Tod“, 22 Uhr, ZDF

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