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Medien: Das ABM-Fernsehen

. RTL 2 .

. RTL 2 . Zufall oder nicht? Am Tag, als im Fernsehen die neue Variante von „Big Brother“ startete, kamen die neuesten Arbeitslosenzahlen. 5,2 Millionen. Die gute Nachricht: Einige von ihnen sind erst mal unter gekommen, angeblich lebenslänglich, in einem Fernsehdorf, das von der Produktionsfirma Endemol in Köln-Ossendorf aufgebaut wurde. Daniela, Ex-Bürokauffrau, Leyla, Ex-Kfz-Mechanikerin, Juanita, arbeitslose „Tänzerin“ oder Giuseppe, laut RTL-2-Visitenkarte „der gebräunte Macho“, was heutzutage ja auch schon eine ausfüllende Beschäftigung sein kann. Sie alle zogen am Dienstagabend auf unbestimmte Zeit als Kandidaten ins „Big Brother“-Dorf ein.

Das haben sich die Produzenten fein ausgedacht: Wirtschaftsminister Wolfgang Clement liefert das Personal. Wir machen die Sendung. Mit den Arbeitslosen und wohl auch ausschließlich für sie. Denn eins ist sicher: Wer soll sich das jeden Tag anschauen (RTL2, 19 Uhr)? Zoo-Liebhaber? Kulturkritiker? Ehe „BB VI“ eine neue Dimension des TV-Voyeurismus wird, ist ZDF-Protestant Peter Hahne Anarchist. Die Auflage, nicht mehr nur befristet in Containern zusammenwohnen wie in der abgelaufenen fünften Staffel, sondern lebenslänglich, in einer ausgebauten Kleinstadt mit drei unterschiedlich ausgestatteten Wohnhäusern, Marktplatz, Bauernhof, Bar-Lounge und Arbeitsplätzen, ist sowieso ein Fake. Alle zwei Wochen fliegt einer raus, ein Neuer kommt rein, heißt es. Doch wenn RTL 2 die Quote nicht gefällt, wird abgesetzt.

Immerhin, bis dahin ist für eine Hand voll Arbeitslose gesorgt. Daniela, Leyla, Juanita, Giuseppe sind so genannte „Hiwis“. Das heißt, sie wohnen im ärmsten Haus und müssen zwölf anderen Kandidaten zu Diensten sein. Wohlgemerkt, freiwillig. Dafür gibt ihnen „Big Brother“ kaltes Wasser und fünf Euro täglich, für Lebensmittel. Fünf Euro, sogar Hartz IV bringt mehr. Warum tun die das eigentlich? „Weil ich sonst nicht wüsste, was ich machen sollte“ (Gina). „Vielleicht wird sich danach einiges ändern“ (Leyla). „Weil ich viel Spaß haben will und Frauen sofort“ (Giuseppe). So gewaltig sind die Erwartungen nicht.

Mit „BB VI“ scheint das von Harald Schmidt wieder und wieder beschworene „Unterschichtenfernsehen“ endgültig bei sich angekommen. Wenn die Menschen im „Big Brother“-Dorf wenigstens so schön wären wie in der „Truman Show“. Oder wie der überdrehte Außenmoderator, eine verunglückte Mischung aus Christian Ulmen und Florian Silbereisen. Nimmt Oli P. vorher eigentlich Drogen?

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