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Medien: Das Ende des Schweigens

Eine Doku zur NS-Zeit bewegt die Quandt-Familie

Die Industriellenfamilie Quandt will nach der Ausstrahlung der ARD-Dokumentation „Das Schweigen der Quandts“ ein Forschungsprojekt zur Aufarbeitung ihrer eigenen Geschichte ins Leben rufen. Im Zuge des „an wissenschaftlichen Kriterien ausgerichteten“ Projekts solle die Rolle der Unternehmerfamilie während des Naziregimes von einem Zeithistoriker geklärt werden, teilten die Familienmitglieder Susanne Klatten, Gabriele Quandt-Langenscheidt, Sven Quandt und Stefan Quandt am Freitag mit. Die ARD hatte den Film am vergangenen Sonntag kurzfristig ins Programm genommen.

In der Dokumentation schildern die Autoren Eric Friedler und Barbara Siebert, in welchem Maß die Quandts ihr Vermögen während des Nationalsozialismus durch Zwangsarbeit verdient hätten. Bis auf eine Ausnahme, Sven Quandt, hatten sich keine weiteren Familienmitglieder in dem Film geäußert. „Wir werden an dieser Aufarbeitung mitwirken, indem wir die Akten und Dokumente, die sich in unseren Archiven befinden, dem Historiker zur Verfügung stellen. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts werden wir der Öffentlichkeit vorlegen“, steht in der Mitteilung der Quandts. Die Vorwürfe, die in dem Film erhoben worden seien, hätten die Familie „bewegt“, heißt es. „Wir erkennen, dass die Jahre 1933 bis 1945 in unserer Geschichte als deutsche Unternehmerfamilie noch nicht ausreichend aufgearbeitet sind. Wir sind uns als Familie einig, dass wir mit diesem Teil unserer Geschichte offen und verantwortungsvoll umgehen wollen.“ Die Aufarbeitung und Offenlegung der Familiengeschichte erfolge unabhängig davon, dass familiennahe Unternehmen wie BMW, Altana, Delton und Varta sowie einzelne Familienmitglieder privat die Stiftungsinitiative der Deutschen Wirtschaft „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ unterstützt und sich an Zwangsarbeiterfonds beteiligt hätten.

In der Dokumentation berichten Zeitzeugen unter anderem von den unmenschlichen Arbeitsbedingungen der Zwangsarbeiter – herbeigeschafft aus dem KZ Neuengamme – in der Quandt’schen Batteriefabrik Afa. Benjamin Ferencz, einer der Ankläger in den Nürnberger Prozessen, sagt, dass Firmenpatriarch Günther Quandt vor Gericht gestellt gehört hätte wie andere Unternehmer während der Nazizeit. Friedrich Flick und Alfried Krupp zum Beispiel wurden angeklagt und verurteilt. Nicht, dass bisher unbekannt geblieben wäre, wie sehr sich einzelne Mitglieder der Quandt-Familie mit dem Naziregime eingelassen hätten. Allerdings stellt der Film eindringlich die Frage nach dem Ausmaß dieser Verstrickung und nach den Gründen für das beharrliche Schweigen der Quandts.

Das soll jetzt gebrochen werden. In ihrer Erklärung bat die Familie die „Medien und alle in der Öffentlichkeit stehenden Personen um Sorgfalt und Fairness im Umgang mit unserer Geschichte“. Das NDR-Fernsehen wird den Film „Das Schweigen der Quandts“ am 22. November um 21 Uhr noch einmal in einer um 30 auf 90 Minuten verlängerten Fassung zeigen. Joachim Huber

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