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Medien: Das Glück liegt im Taunus

ARD-Film über ein Klassentreffen

Schüler-Träume, aufgenommen auf VHS: Nick (Johann von Bülow), 18, will „das fette Leben“, wie er sagt. Auch seine Freundin Connie (Lisa Martinek) freut sich auf die Zukunft. Tanja (Barbara Philipp), die beinahe die Videokamera umreißt, will Medizin studieren und in Afrika helfen. Der wortkarge Stütze (Frank Giering) dreht der Kamera den Rücken zu – für ihn zählt nur die Musik. 15 Jahre nach diesen wacklig aufgenommenen Videobildern sehen sich die vier bei einem „Klassentreffen“ an ihrer ehemaligen Provinzschule im Taunus wieder. Tanja hat ihr Studium zugunsten von Mann und Kindern abgebrochen. Nick fährt zwar mit dem Porsche vor, doch Connie hat anstatt des „fetten Lebens“ nur Bert (Devid Striesow), einen der Verlierertypen aus ihrer Klasse, abgekriegt.

Klassentreffen bieten die Gelegenheit, Bilanz zu ziehen. Zu sehen, was aus den Träumen geworden ist. Doch es geschieht einiges mehr: Alte Gefühle brechen auf, Schulden müssen beglichen, Unausgesprochenes kann endlich ausgesprochen werden.

Dennoch wäre dieser Fernsehfilm eine recht konventionelle Angelegenheit mit mäßig spannenden Geschichten aus der Provinz, hätten sich Marc Hertel (Regie) und Arne Sommer (Buch) nicht eine überraschende Erzählweise ausgedacht: Das Klassentreffen wird nacheinander aus der Perspektive der verschiedenen Hauptpersonen geschildert. So entstehen interessante Blickwechsel und irritierende Zeitsprünge, die dem Publikum eine besondere Aufmerksamkeit abverlangen, ohne es zu überfordern. Erst nach und nach gewinnt die Handlung Kontur, setzt sich das Puzzle zu einem Gesamtbild zusammen.

Aber nicht jede der Figuren wirkt glaubwürdig: Warum der vermeintlich erfolgreiche Nick überhaupt zu dem Klassentreffen anreist, bleibt ein Rätsel. Um seine Jugendliebe zurückzugewinnen? Um sich für alte Sünden zu entschuldigen? Beides behauptet er; im Grunde aber ist er der großmäulige Möchtegern-Star von früher geblieben und steigt auch sogleich der jungen Lokalreporterin nach. Nick bleibt etwas klischeehaft die unsympathische Type aus der Hauptstadt, die in der Provinz den dicken Max markiert. Die Botschaft am Ende lautet klar vernehmlich, dass man sein Glück auch in einer Kleinstadt im Taunus finden kann. Und dagegen ist ja nichts einzuwenden, zumal es sich bei „Klassentreffen“ um eine Produktion des Hessischen Rundfunks handelt. Womit die Schlagkraft des ARD-Föderalismus wieder einmal bewiesen wäre.

„Klassentreffen“: ARD, 20 Uhr 15

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