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Medien: Das Lynette-Prinzip

„Desperate Housewives“, zurück in der Wisteria Lane, zurück bei Pro 7

Sie kommen zurück, die Hausfrauen, nicht nur im „Eva-Prinzip“ der Eva Herman, sondern auch im Fernsehen auf Pro 7, und zwar verzweifelter denn je. Das Schicksal schlägt nun mal auch in der Wisteria Lane und im scheinbar unerschütterlichen häuslichen Leben gnadenlos zu. So ist Bree (Marcia Cross), der eiserne Putzteufel, Witwe geworden. Gabrielle (Eva Longoria), die es so gerne mit dem Gärtner trieb, ist schwanger und weiß nicht, von wem. Susan (Teri Hatcher), die seelenvolle Alleinerziehende, wird sich nun doch nicht mit Nachbar Mike zusammentun können, und Lynette (Felicity Huffman), die Frau mit den vier Bälgern und von allen die verzweifeltste, da gänzlich unbegabt für so ein Übermutter-Dasein, ist überhaupt keine Hausfrau mehr. Ihr Mann hat seinen Job verloren und möchte nun statt ihrer zu Hause bleiben. Natürlich packt er es erst mal nicht, und Lynette muss ihre Jüngste mit zum Vorstellungsgespräch nehmen. Sie wird trotzdem eingestellt. Wie im Leben, so kommt es auch in dieser Serie immer anders als man denkt. Was einen Grund dafür liefert, dass die Serie äußerst unterhaltsam ist, das Leben hingegen seiner Wechselfälle wegen meist weniger.

Das ist es ja: „Desperate Housewives“ ist keine Soap über Sorgen und Freuden eingefleischter Familienfrauen, sondern eine schwarze Humoreske zum Thema Abgründe des Allzumenschlichen im allzu gepflegten Vorort; man fühlt sich erinnert an Agatha Christies Miss Marple, die darauf bestand, dass gerade in den idyllischsten Dörfern die scheußlichsten Morde geschehen. Gemeuchelt wird auch in den „Housewives“ nicht zu knapp, hinzukommen Kidnapping, Erpressung und böswilliges Verlassen, und dass die gesamte Fortsetzungsgeschichte von einer Selbstmörderin erzählt wird, die einst als fünfte zum Kreis der Wisteria-Nachbarinnen dazugehörte und deren Motiv für den Wunsch, aus dem Leben zu scheiden, einen weiteren Krimistrang in die Serie einflicht, spricht für sich. Dass es Hausfrauen sind (oder waren), aus deren Perspektive die finstere Unterseite der Wisteria-Welt beleuchtet wird, hat den TV-typischen Grund, dass pro Folge vier bildschöne Weiber von allen Seiten gezeigt werden können. Der Titel ist nichts als ein Gag. Ansonsten toben hier menschliche Leidenschaften von äußersten Besessenheitsgraden, deren furiose Inszenierung mit den komischen Spitzen erstklassige Unterhaltung liefert.

Man durfte ja hoffen, dass das Plädoyer für eine Rückkehr des Hausfrauenmuttertums, das Eva Herman der deutschen Öffentlichkeit hält, ebenfalls bloß ein Gag ist. Die Autorin selbst meint es wohl nicht so, aber wir Betroffenen – als Leserinnen, TV-Gucker etc. – dürfen es so sehen. Bloß so komisch wie die „Desperate Housewives“ fallen die Thesen der Herman wohl nicht aus, höchstens so ätzend. Wie in der TV-Serie hat das Schicksal ja längst zugeschlagen und die Frauen seit Jahrzehnten in den Arbeitsmarkt gelockt und gedrückt – dieser Markt übrigens und die an ihn angeschlossenen Unternehmen könnten ohne die weiblichen Arbeitskräfte gar nicht existieren, es bräche, machten alle Frauen Ernst mit dem Rückzug an den Herd, eine echte Krise aus. Sicher gibt es hier und da auch in unserem Land eine Wisteria Lane mit Frauen, die sich über ihre Kinder ärgern oder den Gärtner verführen. Aber sind sie die Glücklicheren? Dass es in der Serie ausgerechnet Lynette ist, die kinderreichste der Housewives, die sich der Erwerbsarbeit erneut zuwendet und zwar mit einer tief empfundenen Liebeserklärung an ihr Büro, diesen gesegneten kinderfreien Ort, ist natürlich kein Zufall. Es sagt aus, dass Häuslichkeit als Arbeitsumfeld, je fordernder sie ist (vier Kinder!), umso heftigere Wünsche nach außerhäuslicher beruflicher Bewährung wecken kann, nach einer Stätte, so Lynette, an der Erwachsene Erwachsenenprobleme lösen. Wir haben ja eine Familienministerin, die ein weiteres schlagendes Beispiel für diesen Zusammenhang bietet.

„Desperate Houewives“, zwei Folgen, ab 20 Uhr 15 bei Pro 7

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