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Der nächste Schritt: „Das Netz ist a Bitch“

Wie sich Else Buschheuer nach der Aufgabe ihrer persönlichen Webseite elektronisch neu sortiert.

Frau Buschheuer, Sie haben Ihre persönliche Website aufgegeben. Bereuen Sie Ihren Schritt bereits?

Bisher nicht. Hören Sie nicht, wie lautstark ich seitdem schweige? Leider gibt es keinen virtuellen Radiergummi. Wer mich also googelt, erfährt für die nächsten Jahrzehnte, wer ich irgendwann war, obwohl das heute gegenstandslos ist.

Das Bloggen haben Sie schon früher losgelassen. Manche hoffen jetzt, die Buschheuer würde, elektronisch gesehen, endlich die Klappe halten. Andere zittern, Frau Buschheuer würde auch das Twittern aufgeben und Facebook fahren lassen. Welche Fraktion darf sich mehr freuen?

Die erste. Im Moment habe ich zwar keine Pläne, Twitter oder Facebook zu verlassen. Aber man weiß bei mir nie. Ich fürchte mich ein wenig vor dem Schritt in die totale Unerreichbarkeit. Aber als Kind habe ich mich vorm Riesenrad gefürchtet – und dann war es ganz toll.

Was die öffentliche, die veröffentlichte Else Buschheuer angeht, sind Sie stets Avantgarde. Sind Sie wieder auf dem Rückweg, auf dem Weg zum gedruckten Wort?

Ich war nie weg vom gedruckten Wort. Sogar meine Internettagebücher habe ich als richtige Bücher drucken lassen. Ansonsten bin ich auf dem Weg, wie immer. Hoffe nur, dass es kein Rückweg ist. Rückweg passt nicht zu mir.

Haben Sie mit Website, Blog, Twitter und Facebook unterschiedliche Erfahrungen gemacht?

Die Website war eine virtuelle Visitenkarte. Ein Best-Of-Archiv, eine Kontaktmöglichkeit. Twittern war ein Spiel: Morons morsen Monologe. Bei Facebook trete ich, sehr zu meinem Erstaunen, tatsächlich mit anderen Usern in Kontakt. Die Frage ist, ob ich das auf Dauer will.

Schätze mal, die elektronische Buschheuer war und ist nie die echte Else B..

Es gibt in der Tat eine echte Else B. aus Fleisch und Blut, mit Freunden und Familie, ein Mensch wie du und ich sozusagen, aber die ist privat und führt ein erschütternd langweiliges Leben.

Die größte Strafe der Jetztzeit ist Anonymität. Nur falsch?

Wer sich in die Öffentlichkeit begibt, kommt darin um. Es sei denn, er legt eine astreine Häutung hin. Dann bleiben die anderen ratlos mit der leeren Haut zurück. Wenn es irgend ginge, ich würde jeden Hinweis auf mich aus dem Netz löschen und ganz von vorn anfangen. Aber das geht leider nicht. Das Netz ist a Bitch.

Ich selber emaile, habe ein Smartphone, ich habe keine Website, ich twittere nicht, bin aber seit kurzem bei Facebook. Welche Zukunftsprognose würden Sie mir stellen?

Die beste. Im Grunde sind Sie weiter als ich. Achten Sie bei Facebook auf die Sicherheitseinstellungen. Stellen Sie keine Fotos ein, auf denen sie beim Komasaufen zu sehen ist. Twitter lohnt sich nicht für einen Erwachsenen. Twittern ist – das kann ich nach zwei Jahren sagen – wie Im-Auto-im-Kreis-fahren und einmal täglich hupen. Hier sehe ich meine Vorbildfunktion. Was ich getestet und für unnötig befunden habe, müssen andere erst gar nicht mehr probieren. Man muss haushalten mit seinem Lebensrest.

Das Interview führte Joachim Huber.

Else Buschheuer ist Schriftstellerin, Journalistin und Moderatorin von „Kino Royal“. Die neue Ausgabe

des Magazins läuft

im RBB-Fernsehen

am Sonntag um 23 Uhr 45.

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