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Medien: Das Sabine-Christiansen-Puzzle

Spieluhr, Kölsch und fiese Krawatten – was die ARD-Talkshow im Innersten zusammenhält. Am Sonntag läuft sie zum 250. Mal

Für Sabine (1). Schokoherzchen. Nur noch die Reste. Ein bisschen vermatscht schon – aber dafür mit Liebe geschenkt. Sie stammen nämlich vom Sonntag. Da hatte in der Zeitung gestanden, dass die Chefin einen neuen Freund hat: den Chef des Aufsichtsrates bei Bayer, Manfred Schneider. Also taten sich die Kollegen zusammen und legten ihr die Pralinenherzen auf den Schreibtisch. Dazu eine Karte, auf der stand: „Wir freuen uns mit dir.“

Für Konferenzen (2). Die (Spiel)Uhr. Das wichtigste Accessoire für den Redaktionsablauf. „Unsere scheußliche Schönheit“, sagt Redaktionsleiter Wolfgang Klein. Der amerikanische Filmproduzent Arthur Cohn hat sie Sabine Christiansen mal geschenkt. Jetzt hängt sie vor Kleins Büro an der Wand und dient als Signal für außerplanmäßige Konferenzen. „Wollen Sie mal einen klassischen Pawlowschen Reflex erleben?“ fragt Klein und drückt auf einen Knopf. Die Uhr dudelt los mit der amerikanischen Nationalhymne, kleine Glocken leuchten grünlich im Takt – und überall rucken die Köpfe hoch.

Für Schwergewichte (3). Die Gästestühle. Die beschäftigen den Requisiteur Heinz Rusinek vor der Sendung am meisten. Zuerst klebt er sie am Boden fest. Denn wenn sie verrücken und das vorher sorgfältig justierte Licht- und Schattenspiel auf den Gesichtern nicht mehr stimmt, können Nasen ganz schön lang aussehen. Für schwergewichtige Gäste wie Rezzo Schlauch oder Bayer Leverkusens Geschäftsführer Reiner Calmund muss Rusinek die kippeligen Freischwinger mit Stahlstreben verstärken. In die Gläser der Gäste füllt er übrigens ausschließlich stilles Wasser. „Damit die Gäste beim Sprechen keine Bäuerchen machen.“

Fürs Herz (4). Mona. Christiansens Hund. Jedermanns Liebling. Sie ist da, wenn die Chefin da ist. Ihr Korb steht unterm Schreibtisch im Sekretariat. Aber da bleibt sie nie.

Fürs Wahrzeichen (5). Warum im Hintergrund immer die Gedächtniskirche so hell leuchtet? Die Redaktion hat mit Sondergenehmigung einen Mast mit sechs 2000Watt-Strahlern aufstellen dürfen. Für den gibt es eine kleine Fernbedienung. Wenn es dunkel wird, knipst der Beleuchtungsmeister das Licht an.

Für den Inhalt (6). Wolfgang Klein, 56. Seit 1998 leitet er die zehnköpfige Redaktion, die zum größeren Teil aus Frauen besteht. Früher war er 25 Jahre bei der ARD, dann Nachrichtenchef bei Pro7. Seitdem er bei Christiansen ist, arbeitet er sieben Tage die Woche – wie die Chefin auch. Der Kreislauf beginnt am Montag mit der Sendungskritik. Dann: Diskussionen, bis am Mittwoch das Thema feststeht. Jetzt beginnt das „Gästejagen“. In einer guten Runde sitzen die Schlüsselfigur, der Gegner, einer, der schön streitet, einer, der schön weise ist – und eine Frau.

Für die Fassade (7). Bob Antonelli. Visagist. Er ist Teil des Teams Udo Walz. Der ist Optik-Oberaufseher. Bob sagt: „Sabine hat sooo schöne Wimpern.“ Ab 18 Uhr 30 ist eine Stunde für die Chefin reserviert, dann sind die Gäste dran. Männer werden nur gepudert, Frauen bekommen das volle Programm samt Frisur. Für das Werk an Angela Merkel gab’s viele Komplimente.

Fürs Studio-Publikum (8). Tickets (acht Euro) gibt es unter: 0180/52 43 249. Oder unter 030/ 43 03 22 50.

Für gute Laune (9). Blumen. Viele. Weiße. Gegen schlechte Laune hilft auch der Blick aus den Fenstern aufs Affenhaus des Zoos.

Für Gäste (10). Während der Sendung gibt’s nur Wasser und Fragen, danach zum Trost aber eine Party. Aus dem kugeligen Studio an der Budapester Straße 40 klettern die Gäste über eine kleine Freitreppe hoch in die Redaktion, essen Häppchen und trinken Kölsch. Außerdem bekommt jeder Gast einen Dankeschön-Brief von Sabine Christiansen und allerlei Devotionalien vom Christiansen-Schirm bis Christiansen-Pfefferminz.

Für die Kamera (11). Grooooß gemusterte Krawatten, als Ersatz für tv-untaugliche Gästeexemplare – klein gemusterten flimmern. Dicke Streifen also. Fette Punkte. Sieht fies aus auf dem Bügel im Flurschra nk, wirkt aber gut auf dem Bildschirm. Geschmackszensur? Ganz vorsichtig. Scheitert oft. Friedbert Pflügers schreirosa Krawatte war ihm nicht abzunehmen. Im Fernsehen kam sie kreischrosa.

Für die Nerven (12). Tabak und Jack Daniels. Die Pfeifen gehören Wolfgang Klein (60 hat er), und weil er viel raucht, duftet es überall nach Kaminabenden. Die Flasche ist für Notfälle wie Absagen in letzter Sekunde.

Texte: Christine-Felice Röhrs

Fotos: David Heerde, ddp

Im Tagesspiegel am Sonntag: das große Interview mit Sabine Christiansen.

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