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Medien: Das Tor der Tore

Sowohl ARD als auch ZDF gehen an Pfingsten dem 3:2 von Wembley nach

Rudi Michel, der Kommentator des WM-Endspiels von 1966, bewies Weitsicht. „3:2 für England. Das wird wieder Diskussionen geben“, sagte er, nachdem Schiedsrichter Gottfried Dienst den umstrittensten und zugleich berühmtesten Treffer der Fußballgeschichte gegeben hatte: das „Wembley-Tor“. Die Diskussionen sind auch 40 Jahre danach nicht verstummt. Deshalb widmen ARD und ZDF dem aus deutscher Sicht unberechtigten, das WM-Finale zwischen England und Deutschland entscheidenden Treffer zum 3:2 am Pfingstwochenende jeweils eine Dokumentation.

Den Auftakt macht das ZDF mit „Das verflixte dritte Tor – Wembley 1966“ am Sonntagabend. Ursprünglich sollte der Film zur besten Sendezeit am Dienstag laufen, die schlechten Quoten für Fußballdokumentationen angesichts der inflationären Häufung in den vergangenen Wochen bewegten das ZDF indes, den Fußball kurzfristig ins Nachtprogramm zu verschieben.

Das ist zu bedauern, da die Autoren Manfred Oldenburg und Sebastian Dehnhardt sich liebevoll dem Innenleben der deutschen Mannschaft nähern und das damalige Team auf unterhaltsame Weise durchs Turnier in England begleiten.

Natürlich steht bei dem ZDF-Film die niemals endgültig zu beantwortende Frage im Mittelpunkt, ob der Ball nun drin war oder nicht. Die Autoren befragen Akteure, Zeitzeugen, Wissenschaftler – und kommen dennoch nicht zu einer endgültigen Antwort. Interessanter ist, was sie an Anekdoten zutage fördern. Der damalige Assistenztrainer Dettmar Cramer erzählt, wie er mitbekam, dass sich seine Spieler in rauen Mengen Whisky in die Cola schütteten – aber er schwieg. Er setzte sich sogar dazu, als die Spieler auf einem Zimmer einen schwedischen Softporno schauten. Und wer weiß, vielleicht wusste Cramer sogar von der Romanze, die der damals zwanzig Jahre alte Franz Beckenbauer im Trainingslager mit einer Hotelangestellten hatte. Die Frau berichtet vor den ZDF-Kameras von ihrer bislang der Öffentlichkeit unbekannten kurzen Liaison mit Beckenbauer. „Ich halte das für immer im Herzen“, sagt sie.

Die ARD-Dokumentation „Der Fluch von Wembley“ am Pfingstmontag geht weniger sensationslüstern an die Geschichte heran. Der Autor Stefan Keber konzentriert sich mit Hilfe von Archivmaterial auf die 40 Jahre währende Geschichte der Diskussionen um das Tor der Tore. Das ist schon spannend genug. Auf den einen oder anderen Interviewpartner hätte er verzichten können. Der in Aserbaidschan aufgetriebene Sohn Tofik Bahramovs, der 1966 als Linienrichter auf Tor für England entschied, bringt genauso wenig Licht ins Dunkel um das vermeintliche Tor wie die Befragung der Kinder des Schweizer Schiedsrichters Dienst.

Seit dessen merkwürdiger Entscheidung hat Deutschland übrigens bei großen Turnieren immer gegen England gewonnen. Wenigstens die Statistik spricht für Deutschland, das schon im Achtelfinale auf England treffen könnte.

„Das verflixte dritte Tor – Wembley 1966“, ZDF, Sonntag, 23 Uhr 40

„Der Fluch von Wembley“, ARD, Montag, 19 Uhr 15

Daniel Meuren

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