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Süßstoff in der ARD: Fanny (Jutta Speidel) ist mit Elias alleine und muss jetzt improvisieren.

© ARD Degeto/Barbara Bauriedl

Degeto-Filme in der ARD: Treffsichere Annonce

Weniger Süßstoff: Die ARD-Tochter Degeto hat am Freitag verlorene Qualität zurückerobert. Manche Filmtitel sind aber selbst Degeto-Mitarbeitern noch peinlich.

Bis 2013 hatte Christine Neubauer freitags im Ersten eine Auftrittsgarantie. Dann jedoch begann die für den Sendeplatz zuständige ARD-Tochter Degeto Geschichten zu erzählen, in denen für die Schauspielerin kein Platz mehr war; plötzlich ging es um den Kinderwunsch gleichgeschlechtlicher Paare („Vier kriegen ein Kind“) oder einen Jugendlichen im falschen Körper („Mein Sohn Helen“).

Prompt begann das Stammpublikum mit dem Sendeplatz zu fremdeln; selbst klassische Seniorengeschichten blieben deutlich hinter den Erwartungen zurück. Christine Strobl, die 2012 angetreten war, um als Geschäftsführerin frischen Wind in die Degeto-Produktionen zu bringen, versprach trotz der ernüchternden Bilanz, der neuen Philosophie treu zu bleiben: „Es wird ganz sicher keinen Weg zurück geben.“

Nun scheint sich die Beharrlichkeit auszuzahlen: Der Trend zeigt eindeutig nach oben. 2015 lag der Jahresschnitt der Freitagsfilme bei 11,6 Prozent, im ersten Halbjahr 2016 ist es fast ein Prozent mehr. Richtig zufrieden ist Redaktionsleiter Sascha Schwingel erst, wenn ein Film bei über 14 Prozent liegt. Das ist in diesem Jahr bereits viermal gelungen, unter anderem den Komödien „Papa und die Braut aus Kuba“ (14,4 Prozent) sowie „Oma zockt sie alle ab“ (14,8 Prozent). Die nicht unbedingt Qualität signalisierenden Titel sind laut Schwingel das Ergebnis einer internen Degeto-Analyse.

In den Programmübersichten der Tageszeitungen zum Beispiel stehe meist nur der Filmtitel, deshalb sei er eines der wenigen „Verkaufsinstrumente“: „Wir müssen in der Annonce unserer Filme immer treffsicherer werden. Die Titel sollen Lust auf einen Film machen und dem Zuschauer Orientierung geben.“ Wie sinnvoll diese Strategie aus Sendersicht ist, hat im letzten Dezember „Mein Schwiegervater, der Stinkstiefel“ bewiesen. Selbst Degeto-Mitarbeitern war der Titel peinlich, aber die witzige Ethno-Komödie mit Michael Gwisdek war mit über sechs Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von fast 20 Prozent der erfolgreichste Freitagsfilm 2015.

„Tante Maria, Argentinien und die Sache mit den Weißwürsten“

An der generellen Ausrichtung des Sendeplatzes, versichert der Redaktionsleiter, habe sich jedoch „nichts Grundsätzliches geändert, die Ziele sind die gleichen geblieben“. Man sei aber „noch präziser in der Auswahl der Geschichten und Themen“ geworden. Dennoch stehen Reihen wie „Einfach Rosa“ mit Sat-1-Star Alexandra Neldel als Hochzeitsplanerin oder aktuell die „Fanny“-Filme mit Jutta Speidel als Lebenskünstlerin für eine gewisse Rückkehr zur einstigen Seichtigkeit.

Schwingel kontert mit Zahlen: Die „Einfach Rosa“-Folge „Wolken über Kapstadt“, seiner Meinung nach der am meisten eskapistische der vier Filme über die Berliner Hochzeitsplanerin, habe nur gut drei Millionen Zuschauer erreicht (Marktanteil: 9,8 Prozent); die Reihe wird nicht fortgesetzt. Sein Gegenbeispiel ist „Matthiesens Töchter“. In der im Stil eines norddeutschen Westerns inszenierten Tragikomödie spielt Matthias Habich einen Gestütbesitzer, der sich um Haus und Hof gesoffen hat; über vier Millionen Zuschauer (12,7 Prozent) nahmen Anteil.

Schwingels Schlussfolgerung aus den beiden unerwarteten Resultaten: „Es gibt keine einfache Erfolgsformel, weil der Erfolg durch viele Faktoren bestimmt wird. Aber es wird uns gelingen, den Freitag als erfolgreichen Sendeplatz für Qualitätsfernsehen zu etablieren, an dem die Zuschauer eine große Vielfalt unterhaltsamer Geschichten erwarten können.“

Und Christine Neubauer? Dreht derzeit eine Degeto-Komödie mit dem Arbeitstitel „Tante Maria, Argentinien und die Sache mit den Weißwürsten“. Neubauer spielt eine grantige bayerische Metzgerin, die mit ihrer Wurst Südamerika erobern will.
„Fanny und die gestohlene Frau“, ARD, Freitag, 20 Uhr 15

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