DER BALL  ist eckig: Berlin, Stadt ohne Orakel

Auf dem Höhepunkt seines Schaffens war Schluss. Im Oktober 2010 starb Krake Paul. Vorher hatte er in einem Oberhausener Aquarium ein ums andre Mal richtig gelegen und Spanien als Weltmeister prophezeit. Zwei Jahre später ist die Zahl der Wahrsager-Tiere explodiert. Jeder Zoo, der etwas auf sich hält, hält sein eigenes Orakel. Der Allwetterzoo Münster hat Zwergeselin Kira, der Zoo Osnabrück den Orang-Utan Buschi und Hagenbecks Tierpark seine Elefanten Shanti und Shahrukh. Nur Berlin bleibt ein blinder Fleck auf der Orakel-Karte. So etwas, heißt es aus dem Zoo, sei nicht im Sinn des Direktors Dr. Blaszkiewitz.

Nilpferd Knautschke und Eisbär Knut – Publikumslieblinge wie „Poldi“ oder „Schweini“ – wären nur schwer vom Ball zu trennen gewesen, durften aber nie orakeln. Inzwischen steht eine Riege junger Publikumsmagnete in den Startlöchern. Etwa die noch namenlosen Jaguar-Drillinge, der zweifache Elefanten-Nachwuchs oder der verkannte Nacktmull. Doch es scheint, als würde auch ihnen eine Orakel-Karriere verwehrt bleiben.

Der Wahrsager-Wettstreit ohne Berliner Beteiligung hat seinen ersten Star: Nelly. Die tritt im Hodenhagener Serengeti-Park Spieltag für Spieltag gegen den Ball und trifft stets das richtige Tor. Zuletzt das der Dänen. Platzwart Fabricio Seppe fachsimpelte: „Der Schuss war ein bisschen schwächer. Eine kleine Warnung von Nelly.“ So viel Weitsicht hätte man einer Elefantendame nicht zugetraut. Für die kann auf der Homepage des Serengeti-Parks jeder ein selbst gemaltes Bild hochladen. Vielleicht dient eines von ihnen als Vorlage für eine Statue, wie sie 2010 kurz nach der Weltmeisterschaft für Krake Paul errichtet wurde. Eins konnte Nelly bisher übrigens nicht vorhersagen: Die TV-Quote. Mit 27,65 Millionen Zuschauern war die am Sonntag auf EM-Hoch. Nico Schmidt