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Der Ball ist ECKIG: Das WM-Aus bei Facebook

Am Ende steht ein simples „Och menno“ von Freundin D. im Facebook-Account. Dann ist alles vorbei.

Wir coolen Kids von heute sind anspruchsvolle Medienkonsumenten. TV-Berieselung allein reicht nicht mehr aus. Wir müssen ständig miteinander kommunizieren. Bei Großereignissen, die die Reizschwelle zum Public Viewing nicht überspringen, sind wir zunehmend bimedial unterwegs. Vorne läuft der Fernseher, gleichzeitig halten wir über die Facebook-App im Smartphone mit Freunden aus aller Welt Kontakt. Die Highlights der royalen Hochzeiten – Pippas Hintern und Charlenes Tränen – haben wir so bereits diskutiert, lange bevor es in den Boulevardmedien aufbereitet wurde. Allein die Frauenfußballweltmeisterschaft hatte es bis dato schwer. Viel war nie los, allgemein spiegelten auch die sozialen Netzwerke die landesweite Mischung aus Desinteresse, verordnetem Jubel und verwurzelten Sexismen. Zumindest dort, wo ich mich herumtreibe. Dass ein Facebook-„Freund“ sich nicht entblödete, auf eine differenzierte Liebeserklärung meinerseits an Kerstin Garefrekes („eine Frau wie du, ich und Bochum: total verbaut, aber kann was“) mit einem „Optisch finde ich die Kim Kulig aber sweeter“ zu reagieren, zeigt, dass noch viele Gesamtausgaben der Werke Pierre Bourdieus verschenkt werden müssen. Auch vor dem Viertelfinale am Samstagabend dominierte die gepflegte Distanz: „Gleich gibt’s bei ZDF wieder Comedy“, schreibt Kollege S. kurz vorm Anpfiff. „Wird spannend“, schreibt der Bekannte K. eingangs der Verlängerung. Dann folgt die 108. Minute, das Tor für Japan: „Auf geht’s, Moppelchen“, schreibt L. (männlich) nur eine Minute nach dem Einschlag, „Das ist doch scheiße! Los Mädels!“ schreibt S. (weiblich) nahezu zeitgleich. Es folgt Eintrag um Eintrag in meinem Newsfeed, mal höhnisch, mal versöhnlich, mal wütend, mal traurig. Für 15 Minuten ist WM, auch in meinem Facebook-Account. Am Ende steht ein simples „Och menno“ von Freundin D. Dann ist alles vorbei. Johannes Schneider

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