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Der Ball ist ECKIG: Diese junge Mannschaft

Mann muss etwas nur lange genug wiederholen: Joachim Löw macht vor, wie man den Kampf um die Begriffe gewinnt.

Am Mittwochabend, nach der Wahl von Christian Wulff, gab Udo Lattek, sonst passionierter Pilstrinker am „Doppelpass“-Fußballstammtisch, der Bundesregierung einen Rat. Bei „Hart aber Fair“ wurde er mit den Worten zitiert, Angela Merkel könne viel von Joachim Löws Gabe lernen, ein Team zu formen. Dabei gibt der Bundestrainer in anderer Hinsicht ein noch viel besseres Vorbild ab: in Sachen PR. Löw bezeichnet sein Team seit Wochen als „diese junge Mannschaft“, was man wohl als Versuch interpretieren muss, Sympathie zu schaffen und, nun ja, den Ball flach zu halten. Das Interessante: Es funktioniert. Mit seiner an Penetranz grenzenden Wiederholung des Immergleichen hat Löw es geschafft, die Redewendung dieser WM zu prägen.

Erst sprachen auch Miro Klose, Mesut Özil und Philipp Lahm von „dieser jungen Mannschaft“, dann Netzer, Kahn und all die anderen. Christoph Daum sagte nach dem ersten Spiel: „Gegen Australien haben wir gesehen, wozu diese junge Mannschaft fähig ist.“ Innenminister Thomas de Maizière glaubt: „Das Halbfinale wäre stark für diese junge Mannschaft.“ Die „Frankfurter Rundschau“ fragt: „Ist diese junge Mannschaft schon reif für den WM-Titel?“ Die „WAZ“ dagegen ist sicher: „Niemand muss sorgenvoll auf diese junge Mannschaft schauen.“ Und die „Welt“ unkt: „Wenn diese junge Mannschaft mit einer solchen Leichtigkeit die Briten aus dem Wettbewerb fegen kann, wer soll sie dann stoppen?“

Vielleicht sollte es Merkel zur Verbesserung der Sympathiewerte also mal mit einem Verweis auf „diese junge Mannschaft“ aus Union und FDP probieren, die erst ein paar Monate im Amt ist und – so könnte sie mit Fug und Recht sagen – „diesen jungen Bundespräsidenten“ gewählt hat. Heute reist die Kanzlerin jedenfalls nach Kapstadt, um der anderen „jungen Mannschaft“ zuzusehen. Auch Joachim Löw wird sie treffen. Vielleicht gibt er ihr ja ein paar Tipps. Björn Rosen

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