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DER BALL  ist eckig: Eine Hymne für Mesut Özil

Wer von den deutschen Fußballern soll die deutsche Hymne singen? Und wenn ja, welche Strophe?

Singe, wem Gesang gegeben, hieß es früher, als das deutsche Volk noch eines von Gesangsvereinen war. Heute plagt uns die Sorge, ob überhaupt noch gesungen wird. Nun hat sich unlängst Michael Horeni, Sportredakteur der „FAZ“, gemeinsam mit einem Kollegen mit Özil-Papa Mustafa getroffen. Den Wunsch, Sohnemann Mesut endlich zu einer „Marke“ aufzubauen, nahm das Duo sogleich mit einem ganzseitigen Artikel selbst in Angriff, unter der Überschrift „Bisher wurde die Marke Özil sträflich vernachlässigt“. Nun ließ Horeni einen weiteren Mesut-Özil-Aufmacher mit liebevoll freigestelltem Ganzkörperfoto folgen. Im Text ging es um eine Twitter-Attacke auf Mesuts mangelndes Deutschtumbekenntnis, der sich wegen seines Madrider Lebensmittelpunktes fragt, ob er eher „ein deutsch-türkischer Spanier oder ein spanischer Deutsch-Türke“ sei. Die Nationalhymne singt er jedenfalls nicht mit. Das stieß seinen Kritikern „von der rechten Außenlinie“ (Horeni, 1:0!) übel auf, wobei man gerne wüsste, ob auch nur einer von denen mehr als „...über a-ha-lles“ zu grölen vermag. Zumal diese Zeile zur ersten Strophe des Deutschlandliedes gehört, die offiziell nicht gesungen wird.

Mit „deutschem Sang“ – zweite Strophe – tun sich Nationalspieler schwer. Sie sind supranational beschäftigt, ob in Madrid, Manchester oder München. Wäre doch die zweite Strophe zum Hymnentext bestimmt worden! „Deutsche Frauen, deutsche Treue,/ Deutscher Wein und deutscher Sang“, das ist die völkerverbindende Trias von Wein, Weib und Gesang, die der Dichter uns Deutschen zusprach!

Also, Weltmarke in spe Özil, weniger verkniffen dreinblicken, wenn die Haydn’sche Hymne ertönt, und lieber an die alten Römer denken: Ubi bene ibi patria, wo’s mir gut geht, ist mein Vaterland. Das lernte man früher in der Schule. Sogar in Deutschland! Bernhard Schulz

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