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Der Ball ist ECKIG: Von Europa beseelt, mit Wodka gedopt

Das Unverständnis ist naheliegend: Warum ruft sich Phoenix zum Fußballsender aus, wo doch ARD und ZDF die EM-Rundumversorgung sicherstellen?

Fußball ist ein Ereignis, und Phoenix ist der Dokumentations- und Ereigniskanal von ARD und ZDF, fällt Programmchef Christoph Minhoff die Erklärung leicht. Leichter offenbar als vielen Phoenix-Mitstreitern, die mit dieser Sportbegeisterung nicht immer mithalten können. Ein Satz wie „bereits nach wenigen Minuten fiel ein für die französische Mannschaft wichtiger Spieler, Franck Ribéry, verletzungsbedingt aus“ lässt ahnen, wie schwer das Umschalten von Bundestag zu Fankurve fällt.

Für Phoenix, so erklärte der Sender, gehe es aber auch gar nicht zuerst ums Sportliche. Man wolle mit der Meisterschaft zeigen, was Europa für uns alle bedeutet. So muss man auch Hans-Werner Fittkau einiges nachsehen, der als eine der Phoenix-Allzweckwaffen das „EM-Fieber“ moderiert. Noch unter dem Eindruck des türkischen Sieges gegen die Kroaten fragte er den Uefa-Sicherheitschef, welche Rechte die nach Österreich und in die Schweiz „entsandten deutschen Sol...äh...Polizisten“ hätten. Das ging gerade noch einmal gut.

Nur damit kein Missverständnis aufkommt: Fußball ist derzeit in Europa für viele Menschen genauso wichtig wie politische Ereignisse. Umso erfreulicher ist es, wenn Phoenix die tägliche Pressekonferenz des DFB verlässlich und ausführlich überträgt. Hier gibt es tatsächlich das ganze Bild. Gar nicht hilfreich für den europäischen Blick ist es allerdings, wenn aus Mangel an Sportkenntnissen bei alten Klischees Halt gesucht wird. Dass sich die Russen – natürlich nur die „neureichen Fans, die mal eben für das Spiel nach Basel geflogen sind“ – bei der EM mit „Champagner und Wodka dopen“, wie Fittkau bemüht lustig einen Bericht über exklusive Restaurants in Moskau ankündigt, wurde zum Glück von den Kickern eindrucksvoll widerlegt. Kurt Sagatz

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