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Medien: Der Ball ist rot

Beckstein will Günther Koch das Kommentieren verbieten

Von Barbara Nolte

Der Mann reißt Journalisten zu kühnen Vergleichen hin. Der „Stern“ nennt ihn den „Kisch der Bundesliga-Schalte“, eine Zeitung schwärmt vom „Brasilianer an deutschen Stadion-Mikrofonen“. Günther Koch, Sportkommentator beim Bayerischen Rundfunk, ist es nämlich gelungen, die Fußballreportage im Radio, ein fast tot geglaubtes Genre, aus dem Abseits zu holen. Sehr verdienstvoll also – trotzdem soll im Sommer Schluss sein mit seinen virtuosen Kommentaren. Der bayerische Innenminister Günther Beckstein will das so. Was Koch gemacht hat? Er möchte für die SPD in den Bayerischen Landtag einziehen.

Beckstein beruft sich auf eine Dienstanweisung des Bayerischen Rundfunks aus dem Jahr 1974. Demnach dürfen BR-Mitarbeiter vom Tag ihrer Nominierung für ein politisches Amt an nicht mehr an ein Mikrofon: Sie könnten parteiisch sein. Für Koch würde das bedeuten, dass er bereits heute, bei der Bundesliga-Partie Nürnberg gegen Dortmund, ausgewechselt würde. Denn am gestrigen Freitagabend wollte ihn die mittelfränkische SPD zu ihrem Kandidaten küren.

Günther Koch spricht von einer „Kampagne der Einschüchterung: Jeder weiß, wie sehr ich das Kommentieren liebe.“ Aber er sagt auch: „Jetzt erst recht.“ Seit 32 Jahren ist Koch, 61, SPD-Mitglied. Jahrelang hätten ihn die Genossen zu einer Kandidatur gedrängt. Bislang hätte er nie Zeit dazu gehabt. Denn er hat noch einen Hauptberuf: Realschullehrer. Im Sommer geht er in Pension. Zwangspension jetzt auch in seinem Nebenjob?

Gestern Nachmittag bekam Koch Aufschub. Erst „in den letzten sechs Wochen vor dem Wahltag“, so verbreitete das bayerische Innenminsterium in einer Pressemitteilung, dürfe er nicht mehr im BR auftreten. „Nach der erfolgreichen Kandidatur für ein Landtagsmandat“ komme der Einsatz des Sport- reporters selbstverständlich „nicht mehr in Betracht“.

Die Bayern-SPD will auch dagegen kämpfen. Landtagsfraktions-Chef Franz Maget spricht von „Berufsverbot“. Sprecher Jürgen Rollmann tut den Vorwurf einer möglichen Parteinahme ab: nur ein Vorwand. „Wie soll er das denn machen als Sportreporter? Soll er sagen: ,Die CSU-Dumpfbacke im Tor lässt den Ball durch?’“ Auch BR-Intendant Thomas Gruber würde Koch offenbar gerne behalten. „Das Engagement von Günther Koch als Fußballreporter im Bayerischen Rundfunk ist programmlich erwünscht“, sagt er. Doch wenn Koch tatsächlich in den Landtag einziehe, werde es „schwierig“, ergänzt BR-Sprecher Rudi Küffner. Bis zum September müssten die Parteien „darüber Konsens erzielen“.

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