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Medien: Der Callboy

Kochen, Container, Plasberg: Was dem unausgelasteten Entertainer bevorsteht

Harald Schmidt hatte am Donnerstag frei. Das kommt öfters vor. Für die neun Millionen Euro, die Schmidt von der ARD erhalten soll, muss der Entertainer 51 Shows im Jahr abliefern. Da ist Luft im Terminkalender. Statt Schmidt gab es vorgestern Abend also den „Scheibenwischer“. Schmidt selber übernahm einen Job am Lerchenberg: eine Schnupper-Moderation im „heute-journal“. Über vier Millionen Zuschauer haben sich das Ergebnis angeschaut, mit dem Promi-Gast hatte das ZDF-Magazin gleich 1,5 Millionen Zuschauer mehr als die Woche davor, und plötzlich stellt sich Frage, was Harald Schmidt nach seinem Auftritt im „heute-journal“ mit seiner Freizeit noch alles anstellen will.

Nichts scheint mehr unmöglich. Als das ZDF-„heute-journal“ vor Wochen eine Urlaubsvertretung für Claus Kleber und Marietta Slomka suchte, hatte sich Schmidt kurzerhand in seiner Show beworben: „Ich habe viel Zeit, ich bin nicht ausgelastet mit dieser kleinen Sendung hier: ZDF, hier ist meine Bewerbung!“ Kleber ließ sich nicht lange bitten. Donnerstag war es so weit. Während der kompletten Sendung saß Schmidt neben Claus Kleber und Gundula Gause brav am Studio-Rande, ehe er im Predigerton den letzten Beitrag (einen Kinofilm über Hochstapler!) anmoderieren und sich mit leicht gepresster Stimme vom Publikum verabschieden durfte, nicht ohne das Thema vom Maybrit-Illner-Talk zu verhaspeln. Das kann der wahre, neue Urlaubsvertreter Steffen Seibert natürlich besser. Schmidts fünfminütiger Ausflug in die Nachrichtenwelt war abgehackt, abgelesen, bis aufs Kleber’sche Armaufstützen abgeguckt, wenig selbstironisch oder gar massenmedial selbstreferentiell, vielleicht sogar peinlich. Für Schmidt und fürs ZDF (siehe Interview).

Am Ende lassen sich solche Auftritte auch für hartgesottene Schmidt-Fans der ersten Stunde nur noch mit einer gewissen Erwartungslosigkeit ertragen. Seitdem der Humoristen-Doyen und einstige Liebling der Feuilletons von Sat1 zur ARD wechselte, seit Ende 2004, scheint die Sache Methode zu haben. Oder besser: keine Methode. Schmidt kommentiert live im Ersten eine Opern-Übertragung? Ah ja. Schmidt macht Olympia-Witze an der Seite von Waldi Hartmann? Okay. Schmidt moderiert SWR-„Report“ und die „Bambi“-Gala? Na, so was. Schmidt dreht episodisch im „Traumschiff“ oder in der ZDF-Serie „Unser Charly“? So, so. Schmidt legt die Rateshow „Pssst“ aus den 80er Jahren neu auf? Schadet zumindest nicht. Schmidt komoderiert das „heute journal“? Warum nicht auch die „Sportschau“, Tim Mälzers Kochshow, Telefonspielchen bei Neun live? Oder einen Tag im „Big-Brother“-Container?

Auf diese Art und Weise, hier ein Affe, dort eine Weltreise, wird sich Harald Schmidt sicher weiter flexibel am Arbeitsmarkt halten, bis er 67 ist. Man muss das ja alles nicht schauen. Vielleicht wird das Erste Schmidt bis dahin auch weiter jährlich gutes Geld überweisen. Die „Harald Schmidt“-Show läuft – wegen des neuen Plasberg-Talks am Mittwochabend – bald nur noch donnerstags, einstündig. Statt 51 dürften es dann rund 25 Shows im Jahr sein. Viel Zeit für weitere Universal-Schmidts, als Gast bei Plasberg beispielsweise oder beim ZDF. Im Gegenzug könnte Kerner ja mal einen Kommentar in den „Tagesthemen“ sprechen.

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