zum Hauptinhalt

Medien: Der Hass lebt

Arte-Themenabend über Ruanda zehn Jahre nach dem Genozid

Von Caroline Fetscher

„Was würdest du machen“, fragt die Bäuerin, „wenn man dir vorschreibt: Umarme die Mörder deiner Angehörigen?“ Faissa Mukabazimya ist eine der Zeuginnen und Überlebenden des Genozids in Ruanda. Sie lebt und arbeitet allein, ihre Familie wurde ausgelöscht. Versöhnen, sagt die Regierung, soll sie sich jetzt, wie Hunderttausende andere, mit den Tätern. Sie fragt die Interviewer, die vom Fernsehen, aus einer anderen Welt, zu ihr ins Dorf gekommen sind, was sie denn tun würden, an ihrer Stelle. Inzwischen haben die Vereinten Nationen, auch Kofi Annan selbst, erklärt, dass die Uno damals, 1994, als eine Million Menschen ermordet wurde, versagte.

Antworten darauf gibt es keine bei dem Themenabend, den Arte heute sendet, um an den Genozid in Ruanda vor zehn Jahren zu erinnern. Aber Fragen, Schilderungen, Erzählungen. Arte zeigt drei dichte und beeindruckende Dokumentationen: Einleitend ein Rückblick von Birgit Virnich, die in der Hauptstadt Kigali fragte, wie das Land heute mit diesem Erbe lebt. In der Reportage „Ruanda – Ist Versöhnung möglich?“ von Anne Aghion, die über Jahre immer wieder dasselbe Dorf besuchte, kommen Opfer, Zeugen, Täter zu Wort über die Bemühungen, Gerechtigkeit im Land herzustellen. Hier geht es nicht um das UN-Ruanda-Tribunal, das bisher ein Dutzend Täter verurteilen konnte, sondern um „Gacacas“: Dorftribunale mit Laienrichtern, die aushandeln, was zwischen Feinden möglich ist. Wer die Wahrheit sagt und um Verzeihung bittet, dem soll verziehen werden, der kommt frei.

Auch die erste Amnestiewelle der Regierung Anfang 2003 entließ tausende Geständige in die Freiheit. Zusammenleben ist inzwischen unvermeidlich. Fünfzig Jahre, sagt ein junger Mann, werde es dauern, bis die Versöhnung wirklich angekommen sein wird.

Den Abschluss bildet der Dokumentarfilm „Ruandas Zukunft ist weiblich“, ebenfalls von Birgit Virnich. Dass in Ruandas Parlament fast fünfzig Prozent der Abgeordneten Frauen sind, wissen sicher wenige im Westen. „Der Genozid war ein grausamer Verteilungskampf. Unter den Frauen herrschte das Gefühl vor, sie bekämen in einer Gesellschaft voller Hass keine Luft mehr“, berichtet die 35-jährige Parlamentarierin Connie Bwiza.

Kigali als eine dynamische Stadt im Wandel – in den Händen verantwortungsvoller Frauen, das ist ein Lichtblick am Ende des Abends.

„Ruanda – zehn Jahre nach dem Völkermord“: ab 20 Uhr 45, Arte

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false