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Medien: Der Kampf der alten Männer

Die WAZ will sich per Schiedsgericht vom Gründer der österreichischen „Krone“ trennen

Die „Kronen-Zeitung“, Österreichs Antwort auf die „Bild“-Zeitung, ist alles andere als ein zurückhaltendes und verschwiegenes Blatt. Doch wenn es um das Innenleben der „Krone“ selbst geht, dann werden die Verantwortlichen so schweigsam und diskret, wie man es von Boulevardjournalisten niemals erwarten würde.

Schade eigentlich, denn in diesen Tagen ist das Innenleben der „Kronen-Zeitung“ die spannendste Geschichte, die die Wirtschaft in Österreich zu schreiben vermag. Von Montag bis Freitag vergangener Woche tagte im Hinterzimmer einer Wiener Innenstadt- Kanzlei ein Schiedsgericht aus drei Anwälten, das über die Zukunft von Österreichs wichtigster Zeitung zu entscheiden hat. Dieses Verfahren war notwendig geworden, weil sich die beiden Hälfteeigentümer – die deutsche WAZ-Gruppe und der „Krone“- Gründer Hans Dichand – spinnefeind sind. Beide Seiten durften im Schiedsverfahren einen Anwalt stellen, der dritte ist der Unabhängige Schweizer Rechtsanwalt Bernhard Felix Meyer-Hause. Offizieller Anlass ist die Bestellung von Dichands Sohn Christoph zum neuen Chefredakteur. Dichand senior, mittlerweile 83 Jahre alt, hatte seinen Sohn, der in Österreich nicht unbedingt als genialer Blattmacher gilt, Anfang des Jahres gegen den Willen der Essener Medienmanager als Nachfolger auserkoren. Mit einem lauen Kompromiss – Dichand junior wurde auf Drängen der WAZ der langjährige Sport-Ressortleiter Michael Kuhn zur Seite gestellt – hatten sich die beiden Streitparteien in dieser Personalie vorerst geeinigt, doch tatsächlich haben sich damit die Fronten weiter verhärtet. Die WAZ möchte Dichand senior mittlerweile auch als Geschäftsführer ablösen oder seinen Einfluss zumindest beschneiden. Und auch die Bezüge in Höhe von 760 000 Euro, die sich Dichand der Ältere monatlich als Honorar überweist, ist seinen Miteigentümern zu hoch. All das soll nun im Schiedsgerichtsverfahren thematisiert werden.

Doch eigentlich geht es noch um weitaus mehr – um die Frage, wer in der „Krone“ wirklich das Sagen hat. Die „Krone“ ist mit einer verkauften Auflage von knapp zwei Millionen Zeitungen täglich und einem Marktanteil von weit über fünfzig Prozent die – gemessen an der Einwohnerzahl – größte Zeitung der Welt. Kein Politiker kann im Land gegen die „Krone“ regieren, und bis vor einigen Jahren drückte sich diese Medienmacht auch in satten Gewinnen aus – 65 Millionen Euro sollen es noch vor drei Jahren gewesen sein.

Mittlerweile ist dieser Gewinn aber auf 25 Millionen gesunken – für die WAZ-Chefs Erich Schumann und Bodo Hombach Grund genug einzuschreiten. Sie wollen sich nicht mehr auf die Rolle als stiller Teilhaber zurückziehen und fordern mehr Mitsprache.

Genau die will ihnen Hans Dichand, der die „Krone“ in den 60er Jahren gegründet hat, nicht gewähren. Sogar über die Zeitung selbst hat er in den vergangenen Monaten „den Deutschen“, wie er Hombach und Schumann süffisant nennt, ausgerichtet, dass sie sich zurückhalten sollen. Von Dichand angespornt meldeten sich auch immer wieder österreichische Politiker – vorzugsweise in der „Krone“ – zu Wort, die vor einem Ausverkauf der heimischen Medien ans Ausland warnten – nachdem die meisten österreichischen Blätter aber ohnehin von deutschen Verlagen kontrolliert werden, war klar, dass sich diese Appelle nur gegen die WAZ richten. Das Problem ist nur: Weder Hombach noch Schumann lassen sich gerne in ihrem eigenen Blatt beschimpfen.

Tatsache ist, dass die „Kronen“-Zeitung in den vergangenen Monaten schlechter geworden ist. Auch wenn sich das noch nicht in den Verkaufszahlen niederschlägt, das Blatt, das früher ein untrügliches Gespür für die Volksmeinung hatte, verliert zusehends an Linie. Aus der Redaktion ist zu hören, dass das vor allem an den unklaren Machtverhältnissen in der Eigentümerstruktur liegt. Zudem wird Dichand senior von den Essener Medienmanagern vorgeworfen, dass manche seiner persönlichen Entscheidungen wirtschaftlich gesehen schlecht waren – so wurde vor drei Jahren in Wien auf Dichands Wunsch eine U-Bahn-Gratiszeitung aus dem Boden gestampft. Dieser „U-Bahn-Express“ zog der „Krone“ Inserate ab, war aber trotzdem ein Verlustgeschäft. Zum 1. April wurde das Blatt auf Betreiben der WAZ nun eingestellt – gegen Dichands Willen. In der „Krone“ beklagte sich Dichand daraufhin, dass er vor der Einstellung des „U-Bahn-Express“ nicht einmal Zeit gehabt hätte, sich von den Mitarbeitern zu verabschieden.

Egal wie das Schiedsgerichtsverfahren in den nächsten Tagen ausgeht – sollte Dichand den Machtkampf gegen die WAZ verlieren: Verabschieden wird er sich dieses Mal wohl dürfen.

Markus Huber[Wien]

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