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Medien: Der Monitor-Mann

Ein Fernsehleben, sein Kampf: Heute wird Klaus Bednarz 65

Welches Bild haftet stärker im Zuschauergedächtnis? Die Pullover-Brust oder das Parka-Relief? Vielleicht beide, denn sie gehören zu einem Menschen, zu einem Fernsehjournalisten, nur sind sie zu unterschiedlichen Zeiten entstanden. Auf jeden Fall gehören sie zu Klaus Bednarz, der 18 Jahre lang das Politmagazin „Monitor“ des WDR präsentiert und geprägt hat. Getrieben von der „Tendenz zur Entpolitisierung des Programms“ sollte sich das etwas andere „Anleger-Magazin“ einsetzen „für die Rechte von Minderheiten, für Menschenrechte, für soziale Chancengleichheit, für den Erhalt der Umwelt“. So wurde es Programm, wenn Bednarz im Pullover, mit Kassenbrillenmodell und nahezu unbewegter Miene die Beiträge seiner Mitarbeiter – genauer: seiner Jünger – an- und wieder abmoderierte. Wahr ist, dass dieser Fernsehjournalismus, intestigativ, wie er von den Bewunderern gefeiert wurde, mit seiner Perspektive von links gegen rechts kaum einen Zuschauer kalt ließ.

„Monitor“ mit Bednarz, das markiert einen Höhepunkt des Magazinjournalismus in ARD (und ZDF). Dass der CSU-Bundestagsabgeordnete Lorenz Niegel 1989 Anzeige gegen Bednarz erstattete, weil dieser zur Fahnenflucht aufgerufen haben soll – geschenkt. Das Verfahren wurde eingestellt. Anders Januar 1991, da missbilligte WDR-Intendant Friedrich Nowottny „aufs Schärfste“ das wenige Stunden vor Ablauf des UN-Ultimatums an den Irak ausgestrahlte und von Bednarz moderierte „Monitor special“, in dem er desertierte US-Soldaten und ihre Unterstützer mit der Aussage auftreten ließ: „Wer nicht schuldig werden will, muss etwas tun.“ Klaus Bednarz hatte, vom Mann mit der Mahnerrolle gegenüber den Mächtigen in Politik, Wirtschaft, Kirche und Restgesellschaft gerne in Kauf genommen, Feinde und Freunde – auch im eigenen Sender. Wäre vielleicht anders gekommen, wenn er, der ehemals aktive Schwimmer und Volleyballspieler, tatsächlich als WDR-Sportchef reüssiert hätte. Um das Amt bemüht hat er sich.

Ein Leben, ein Kampf. Im Büro von Klaus Bednarz hängt ein Foto, das zeigt, wie Heinrich Böll der Magazintruppe eine Kerze schenkt. Die Kerze sei der Heiligen Anna geweiht, erzählt Bednarz, Böll habe sie mit den Worten überreicht: „Die haben wir als Kinder angezündet, wenn ein Gewitter heraufzog und die Gefahr bestand, dass der Blitz einschlägt. Vielleicht hilft sie euch.“ Sie hat. Nie habe der Blitz so eingeschlagen, dass „wir vom Seil gestürzt sind“.

Leben und Arbeit an Werten auszurichten, das sei wichtig. „Ich habe das Glück gehabt, Menschen kennenzulernen, die Zivilcourage gelebt haben.“ Seine Großväter zählt er dazu. Der eine, ein Bauer und Pietist, gehörte zu den wenigen im Dorf, die nicht in die NSDAP gingen, weil er Hitler für den Teufel hielt. Der andere hisste am Tag der Machtergreifung durch die Nazis an seiner Berliner Wohnung die schwarz-rot-goldene der Republik. Und als den wichtigsten Lehrer seines Lebens bezeichnet Bednarz den sowjetischen Schriftsteller und Regimekritiker Lew Kopelew, der sein Freund wurde. Da ist große Nähe, auch aus der eigenen Biografie heraus: Klaus Bednarz wurde 1942 im brandenburgischen Falkensee geboren, er besuchte Schulen in der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR. Mit 13 Jahren ging er mit seiner Familie in den Westen. In Hamburg, Wien und Moskau studierte er Theaterwissenschaft, Slawistik und Osteuropäische Geschichte. 1971 gründete er das ARD-Studio in Warschau und leitete von 1977 bis 1982 das Moskauer Studio. 1983 moderierte er die „Tagesthemen“, aber dann kam das „Monitor“-Angebot. Bis 2001 blieb er.

Seit sechs Jahren widmet sich der Chefreporter des WDR wieder dem Ausland. Wer Bednarz als Pullovermann im WDR-Studio kennengelernt hatte, für den war es schon eine Überraschung, wie er im Parka Menschen am Baikalsee bei bitterer Kälte befragte. Beinahe verklärende Stücke waren das, zärtlich im Ton, mit Bildern haarscharf am Postkartenkitsch. 2006 lieferte er mit Gerd Ruge und Fritz Pleitgen eine Serie über die Rocky Mountains ab.

Heute wird Klaus Bednarz 65. Ruhestand ist nicht. Weihnachten wird der Reporter den ARD-Zuschauern Karelien vorstellen. Joachim Huber

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