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Der Wahlabend im Fernsehen: Krimi ohne Auflösung

Hart aber fair: Frank Plasberg talkt zur NRW-Wahl in der „Tagesschau“, das ZDF ist mit dem früheren „heute“-Sendetermin dennoch besser dran.

Der TV-Wahlabend aus dem Düsseldorfer Landtag startete mit einer handfesten Überraschung: CDU und SPD liegen bei der 18-Uhr-Prognose nahezu gleichauf, die Grünen sind stark wie nie und die Linke ist künftig auch in NRW im Landtag vertreten. Doch zum Wahlkrimi gehört mehr, denn die Zahlen, die ARD-Wahlmoderator Jörg Schönenborn von Infratest Dimap erhält, weisen im Detail jenen hauchdünnen Unterschied zu den Ergebnissen aus, die ZDF-Zahlenmeister Theo Koll von der Forschungsgruppe Wahlen päsentiert. Im Ersten bleibt für die CDU immerhin die Hoffnung, trotz der massiven Verluste am Ende noch stärkste Kraft an Rhein und Ruhr zu bleiben, sogar zur „Tagesschau“ bleibt es bei einem leichten Vorsprung für die CDU. Bei den TV-Konkurrenten aus Mainz liegt die SPD von vornherein in Führung und kann diesen auch in den nächsten Hochrechnungen behaupten. Nur eins steht fest: die Wähler in Nordrhein-Westfalen haben Schwarz-Gelb abgewählt, die Grünen können zum Königsmacher werden und das Fernsehen ist in jedem Fall mit von der Partie.

Politisch wird sich in den nächsten Tagen entscheiden, wer mit wem die nächste Regierung bildet. Im Fernduell zwischen ARD und ZDF entscheidet, wer wen zuerst vor der Kamera hat, aber auch, zu welchem Zeitpunkt sich die Poliker aus der Deckung trauen. Hier hatte am Sonntag das ZDF mit seinen „heute“-Nachrichten die Gnade der frühen Sendezeit. In der Runde der Spitzenkandidaten übernahm Amtsinhaber Jürgen Rüttgers im Gespräch mit Bettina Schausten die Verantwortung für die Verluste seiner Partei und SPD-Herausforderin Hannelore Kraft durfte ihren Machtanspruch einfordern. Frank Plasberg musste eine Stunde später in der ARD-„Tagesschau“ auf Rüttgers verzichten, der ließ sich in dieser Runde vertreten. Was Plasberg nicht davon abhielt, seinen Mittwochstalk „Hart aber fair“ in die „Tagesschau“ vorzuverlegen. „Werden Sie nun fürs Rumeiern belohnt, Frau Kraft“, fragte er die SPD-Spitzenkandidaten, wollte von der Grünen-Politikerin Sylvia Löhrmann wissen, ob „Schwarz-Gelb sexy ist“, und ließ bei Andreas Pinkwart von der FDP auch bei der dritten ausweichenden Antwort zum Thema Westerwelle-Malus nicht locker.

Guido Westerwelle hatte bereits bei Ulrich Deppendorf erleben müssen, wie das Fernsehen Prioritäten setzt. Gerade wollte der FDP-Parteivorsitzende seine zuvor bereits abgegebene Erklärung wiederholen, dass man Wahlen zusammen gewinnt, aber auch Wahlziele zusammen verfehlt, da wird schnell zu Jürgen Rüttgers geschaltet, der vor den versteinerten Gesichtern seiner Parteifreunde die bitteren Verluste einräumt. Danach zurück im Hauptstadtstudio muss Westerwelle einer zufriedenen Claudia Roth von den Grünen Platz machen. Nichts ist eben erfolgreicher als der Erfolg.

Wie der Wahlkrimi ausgeht, darauf blieb das Fernsehen die Antwort schuldig, erste Analysen gab es im ZDF: Für „Focus“-Herausgeber Helmut Markwort ist das Wahlergebnis ein dramatischer Schlag ins Kontor der CDU bis nach Berlin hinein. Und „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo sieht hinter den Ergebnissen die Fassungslosigkeit und Wut der Wähler darüber, dass die Politik nach der Finanzkrise nicht in der Lage war, den Spekulanten ans Zeug zu flicken. „Es war die Wahl der unzufriedenen Wähler.“ Kurt Sagatz

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