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Medien: Diagnose Brustkrebs

Eine Frau will im Sat-1-Film „Noch einmal lieben“

Krebs. Lange Zeit war das ein Tabu- Thema. In der Gesellschaft. In den Medien. Dieses Nicht-wahrhaben-Wollen. Diese Ohnmacht. Damit mussten Betroffene und ihre Angehörigen alleine umgehen. Meist steht am Ende das Sterben, der Tod. Noch ein Tabu. In unserer Gesellschaft wird nicht gestorben, man ist leistungsfähig und flexibel, erfolgreich und dynamisch. Doch was ist, wenn es einen doch trifft? Oder einen geliebten Menschen, den Partner etwa? Seit einiger Zeit ist zu beobachten, dass sich Kino- und Fernsehfilme dieses heiklen, ambivalenten, unpopulären Sujets annehmen. Einer der ersten – und nach wie vor einer der wenigen gelungenen – „Krebs-Fernsehfilme“ war Stefan Krohmers „Ende der Saison“ (ARD, 2002). Und der vielleicht schönste überhaupt war und ist das soeben mit dem Grimme-Preis pämierte Drama von Rainer Kaufmann, „Marias letzte Reise“ (ARD, 2005). Da halten sich Lachen und Weinen die Waage, ist alles präzise austariert, kippt keine Situation, kein Dialog um ins Pathos, ins Klischee, in den Kitsch. Ein authentisches seltenes Juwel. Das kann man über die Sat-1-Eigenproduktion „Noch einmal lieben“ nun wahrlich nicht sagen. Der auf Andrea Sixts gleichnamigem Buch basierende Film von Regisseurin Anna Justice ist der negative Gegenentwurf zu „Marias letzte Reise“. Und das ist angesichts des so ernst zu nehmenden Themas mehr als schade.

Andrea (Marie Zielcke) ist jung und hübsch und macht es allen recht. In der Mode-Firma arbeitet sie unentwegt an einer neuen Kollektion, zusammen mit ihrer Freundin Günes (Jasmin Tabatabai), in der Metzgerei ihrer Eltern hilft sie aus, obwohl sie keine Zeit hat, und wenn ihr Freund Elias, der in London lebt, am Wochenende vor der Tür steht, ist sie zur Stelle. Andrea lebt für andere. Sie ist immer im Stress. Keine Zeit, keine Ruhe, keine Entspannung. Und immer ’ne Zigarette im Mundwinkel. Als Andrea Brustkrebs diagnostiziert bekommt, bricht für sie eine Welt zusammen. Die Brust muss ab, und womöglich haben sich schon Metastasen gebildet. Der Krebs zieht ihr den Boden unter den Füßen weg.

„Noch einmal lieben“ zeigt die Diagnose Krebs als einen Weg, als kathartisches Moment, sein Leben völlig neu zu ordnen. Als Rückbesinnung auf das Wesentliche. Das mag durchaus legitim und eben auch real sein, doch Buch und Regie vertun hier die Chance, dies ernstlich und glaubhaft in einem guten seriösen Krebs-Film zu vermitteln. Durch Operation und Alternativ-Medizin blüht Andrea auf und gewinnt an Selbstbewusstsein, kündigt dem herrischen Mode-Chef, verliebt sich neu in Nicholas (Steffen Groth) und klärt das Verhältnis zu ihren Eltern. Nur, dass nichts von alledem durch ehrliche Emotionalität berühren mag. Alles bleibt weit weg, fremd, distanziert. Man fragt sich bei alledem, wie es zu dieser filmischen Enttäuschung überhaupt hat kommen können, da es hier sowohl vor als auch hinter der Kamera vor allem Frauen sind, die diese Frauen-affine Thematik behandeln. Zumal Drehbuchautorin Andrea Sixt selbst eine Betroffene ist. Das ist allzu schade. Und lässt hoffen auf die erste ARD-Themenwoche Krebs vom 3. bis 9. April, wo neben diversen Dokumentationen und Gesprächsrunden gleich drei neue ARD-Eigenproduktionen – „Für immer im Herzen“, „Ein langer Abschied“, „Eine Chance für die Liebe“ – anstehen.

„Noch einmal lieben“; Sat 1, 20 Uhr 15

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