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Medien: Die Berührbare

Hannelore Elsner ist „Die Spielerin“ und eine Schauspielerin mit bayerischer Disziplin

Frau Elsner, Sie haben gesagt: Ich bin Schauspielerin – die Rollen finden mich, ich suche sie nicht. Wie hat Sie Ihre jüngste Rolle als Polina Severing in dem ARD-Film „Die Spielerin“ gefunden?

Das Zitat stimmt so nicht ganz. Ich suche schon das aus, was mich überzeugt. Bei der „Spielerin“ war es das Drehbuch von Fred Breinersdorfer, der den Roman „Der Spieler“ von Fjodor Dostojewski neu erzählt.

„Die Spielerin“ glaubt, sie habe sich im Griff …

Jeder Süchtige glaubt, er hätte sich im Griff. Das ist ein typisches Zeichen der Krankheit.

Wenn Sie Ihre Polina Severing anschauen – eine Frau, die zu lieben, zu retten sich lohnt?

Was für eine Frage: Jeder Mensch lohnt, gerettet zu werden. Polina Severing ist süchtig nach dem Glück, das aus ihrer Liebe zu Friedrich Mühlbichler kommt. Diese Frau macht sich auf den Weg und findet das Unvorhergesehene. „Die Spielerin“ zeigt, dass im Menschen die Bereitschaft zu lieben immer anwesend ist, unabhängig von Alter und Stand.

Der Zuschauer erlebt Polina mehrmals am Roulette-Tisch, jedes Mal aber in einem völlig anderen Zustand. Eine besondere Schwierigkeit für Sie als Schauspielerin?

Es ist doch mein Beruf, durch eine ganz tiefe Konzentration auf diese Figur die verschiedenen Situationen und Stationen in der Entwicklung der Polina darzustellen. Mir hilft dabei eine Art körperliches Gedächtnis, mit dem ich mir die verschiedenen Stadien dieser Sucht von Polina Severing einpräge und immer wieder abrufen kann. Sehr bewegt hat mich, als mir eine ehemals spielsüchtige Frau, die die „Spielerin“ auf dem Filmfest Hamburg gesehen hatte, sagte, dass sie jede Geste und jede Gefühlsregung genau wieder erkannt hätte – das war für mich ein großes, ein sehr schönes Kompliment.

Wo spielen Sie, wenn Sie spielen?

Ich spiele gar nicht, ich war noch nie im Casino.

Sie sind gefragt worden, ob Sie rückblickend an Ihrem Leben etwas ändern würden. Sie haben geantwortet: „Vielleicht ein bisschen schneller so werden, wie ich jetzt bin.“ Wenn es nicht zu indiskret ist – wie sind Sie denn?

Jetzt bin ich gelassener, furchtloser.

Spielen Sie lieber in Filmen von Regisseuren, die ein größeres Interesse an Frauen als an Männern haben?

Ich muss Regisseure, wie die anderen Mitarbeiter im Team, bei den Dreharbeiten und bei den Vorbereitungen als Verbündete erkennen können, dann haben wir die gemeinsame Basis, ohne die ich nicht arbeiten könnte.

Man sagt Ihnen nach, Sie seien von geradezu preußischer Disziplin.

Was man mir alles nachsagt. Ich stamme aus Burghausen in Bayern, da kommen Sie mit Begriffen wie preußischer Disziplin gar nicht weit.

Sagen wir: bayerische Disziplin.

Genau.

Sie leben in Frankfurt am Main, das ist nicht gerade der Mittelpunkt des deutschen Film- und Fernsehwesens.

Ich wurde nach Frankfurt verschleppt, trotzdem, hier will ich wohnen und leben. München, Berlin, wo ich auch schon einmal gelebt habe – das sind alles wunderbare Orte zum Arbeiten. Für mich ist Frankfurt mein Rückzugspunkt, meine Ruhezone.

„Das Leben der Anderen“, „Requiem“, „Knallhart“ oder „Alles auf Zucker!“, Ihr Film mit Dani Levy – das deutsche Kino erlebt gerade eine Blütephase. Teilen Sie die Begeisterung?

Absolut. Es ist ganz erstaunlich und wunderbar, was momentan im Kino läuft. Und dieses Kino-Wunder, das die Medien gerade feiern, die sonst nicht zögern, den deutschen Film zu verdammen, dieses Kino-Wunder beruht auf harter Arbeit. Fragen Sie doch bitte mal Produzenten, wie sie das Geld für ihre Filme zusammenkratzen, zusammenbetteln müssen. Auch bei „Alles auf Zucker!“ gab es lange Zeit noch Finanzierungslücken, die erst im letzten Augenblick geschlossen werden konnten. Nicht anders bei dem Kinofilm „Vivere“, den ich gerade mit der Regisseurin Angelina Maccarone gedreht habe. Oder bei der dritten Zusammenarbeit mit Rudolf Thome bei „Du hast gesagt, dass du mich liebst“. Wenn dieses Kino-Wunder weitergehen soll, braucht es bessere Rahmenbedingungen.

Aus der Ferne gesehen wirkt eine Kinoproduktion immer einfacher als eine Fernsehproduktion. Mehr Geld, mehr Drehtage …

Für „Alles auf Zucker!“ hatten wir zum Beispiel 24 Drehtage, so wie für „Die Spielerin“. Die Budgets sind manchmal vergleichbar. Bei all den herausragenden Kinofilmen, vorneweg „Das Leben der Anderen“, bleibt das finanzielle wie das künstlerische Risiko enorm.

Für das Fernsehen sind Sie eine Primetime-Schauspielerin. Was muss man dem Medium geben, wenn man um 20 Uhr 15 dabei sein will?

Damit befasse ich mich nicht. Ich bin keine Programmdirektorin, keine Intendantin. Die Verantwortlichen werden hoffentlich wissen, welchen Fernsehfilm sie um 20 Uhr 15 einem Publikum zumuten wollen und zumuten müssen. „Die Spielerin“ ist eine Herausforderung. Gut so.

Mit der ARD-Kommissarin Lea Sommer gibt es auch die Serien-Schauspielerin Hannelore Elsner – mit Fortsetzung?

Lea Sommer hat eine Kraft und eine Tiefe, dass ich da nicht ans Aufhören, an ein Ende denken kann oder will. Seit 1994 kann ich mit dieser Figur immer wieder in neue Richtungen gehen.

Gerade wurden Sie mit dem Ehrenpreis des Bayerischen Fernsehpreises ausgezeichnet. Eine Ehre, eine Freude?

Beides, absolut. Es war großartig, als mich tausend Menschen mit „Standing Ovations“ gefeiert haben. Es ist schön, dass man bei mir schon so früh mit den Ehrenpreisen anfängt, da können ja noch ein paar dazukommen.

Das Interview führten Thomas Eckert und Joachim Huber.

„Die Spielerin“, Mittwoch, ARD, um 20 Uhr 15

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