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Medien: „Die drei ???“ und das Testament

Im Streit um die Hörspielrechte taucht plötzlich der letzte Wille des Schöpfers auf

Es klingt wie ein Fall, den der Detektiv Justus Jonas aus Rocky Beach zu klären hätte: Zwei Unternehmen streiten erbittert um Lizenzrechte, der Fall soll vor Gericht kommen. Kurz vor der Verhandlung taucht ein Testament auf – und plötzlich liegen die Dinge ganz anders. Doch dieser Fall der „Drei ???“ ist echt.

Der Reihe nach: Schon im vergangenen Jahr hat das Hörspiellabel Europa, eine Tochter von Sony BMG, den kleinen Stuttgarter Jugendbuchverlag Franckh- Kosmos verklagt. Kosmos verlegt seit Jahrzehnten die deutschen „Die drei ???“-Bücher, Europa produziert die Hörspiele und war zuvor Lizenznehmer bei Kosmos. Dann erhob Europa plötzlich einen Alleinanspruch auf die Rechte der Serie. Begründung: Man habe die Rechte am Original von „Die drei ???“ aus den USA von Elizabeth und Robert Andrew Arthur gekauft, den Kindern des Schriftstellers Robert Arthur. Dieser gilt als Schöpfer der Serie, die unter dem Titel „The Three Investigators“ erstmals Anfang der 60er Jahre erschien; die Folgen eins bis neun und elf stammen aus seiner Feder. Der Kosmos-Verlag hingegen behauptet, Sony BMG habe die Rechte „treuewidrig“ von den „angeblichen Erben“ erworben.

„Angebliche Erben“? Was nach dem Vorwurf einer Lüge klingt, könnte sich als Wahrheit herausstellen. Denn nun ist, völlig unerwartet, das Testament von Robert Arthur aufgetaucht. Bis vor kurzem soll es im Archiv der Universität von Michigan gelegen haben, für die Arthur einst tätig war. Auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz in Düsseldorf behauptete Kosmos-Verlagsgeschäftsführer Michael Fleissner gestern Mittag, Arthurs Tochter habe ihre Erbberechtigung nie nachweisen können und das Testament ihres Vaters verschwiegen. Mit dem Auffinden des Testaments seien die Allein-Ansprüche von Sony BMG auf die „Die drei ???“ eindeutig widerlegt. Im Testament heiße es dazu: „Ich schenke und vermache an die Dekane der University of Michigan alle Rechte, Rechtstitel und Beteiligungen, die ich im Zeitpunkt meines Todes an allen veröffentlichten Büchern, Kurzgeschichten oder Theaterstücken oder unveröffentlichten Manuskripten haben werde, darunter unter anderem alle auf meinen Namen ausgestellten Urheberrechte sowie alle Rechte auf Lizenzgebühren und Nebenrechte, die mir aus Verträgen mit Verlegern zustehen.“ Eine Kosmos-Sprecherin erklärte, der Verlag habe es immer abgelehnt, mit Elizabeth Arthur zu verhandeln. Für sie sei der Fall klar: „Es waren keine Rechte vorhanden. Es gab also gar nichts zu verkaufen.“ Als neuen Verhandlungstermin hat das Landgericht den 5. September 2007 festgelegt.

Bei Europa wollte man sich gestern zunächst gar nicht äußern. Nach internen Beratungen ging am frühen Abend dann aber doch eine Mitteilung raus, in welcher die Sony BMG-Tochter die Kosmos-Interpretation des Testaments zurückweist: „Es trifft nicht zu, dass Robert Arthur die Rechte an den Three Investigators Büchern an die Universität von Michigan vermacht hat. Das Vermächtnis bezog sich nur auf solche (anderen) Bücher, an denen Robert Arthur zum Todeszeitpunkt die betreffenden Rechte hielt.“ Es sei eindeutig, dass zu diesem Zeitpunkt die Urheberrechte einschließlich der Nutzungsrechte für Deutschland bei seinem damaligen Verlag Random House und nicht bei Robert Arthur selbst gelegen hätten.

Seit dem Beginn des Streits im Sommer 2006 hat Europa bereits vier neue Krimi-Folgen produziert, die fünfte Folge – „Das Haus der 1 000 Rätsel“ – soll am 9. Februar erscheinen. Wegen der ungeklärten Rechtslage heißen „Die drei ???“ dort nun „Die Dr3i“. Auch die Namen der Helden sind teilweise neu. Justus Jonas heißt Jupiter Jones, aus Peter Shaw wurde Peter Crenshaw – wie im alten US-Original; nur Bob Andrews durfte seinen Namen behalten – bis der Streit um die Rechte geklärt ist, heißt es. Schon aus Imagegründen will Europa die Reihe unter dem alten Titel fortführen. Anders als in den USA, wo die Serie Anfang der Neunziger eingestellt wurde, ist sie in Europa und vor allem in Deutschland Kult. Mehr als 130 Buch-Folgen sind hierzulande erschienen und wurden rund zwölf Millionen Mal verkauft. Die Hörspielkassetten und CDs gingen laut BMG sogar 30 Millionen Mal über die Ladentheke.

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