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Medien: "Die Entscheider": Die Stunde der Bürokraten

45 Minuten lang Beamten am Schreibtisch bei der Arbeit zusehen - das ist kein Witz, sondern eine Fernsehreportage von Hansjürgen Hilgert. "Die Entscheider" (3sat, 23.

45 Minuten lang Beamten am Schreibtisch bei der Arbeit zusehen - das ist kein Witz, sondern eine Fernsehreportage von Hansjürgen Hilgert. "Die Entscheider" (3sat, 23. April, 20.15 Uhr) nennt sich dieser karge Film aus der renommierten WDR-Reihe "Menschen hautnah", und er gewinnt seine Spannung nicht nur aus dem heiklen Thema Asyl. Dem Autor ist möglicherweise das größte Kunststück schon vor Beginn der Dreharbeiten gelungen, indem er nach einem Jahr Geduldsspiel vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Genehmigung erhielt, die eigentlich nicht öffentlichen Anhörungen zu filmen.

Die Asylbewerber selbst durften zwar nicht im Bild gezeigt werden, aber man kann sie zumindest hören. Und so lässt Hilgert die Kamera beinahe ausschließlich auf Gesicht und Oberkörper von fünf Frauen und Männern der Bundesamt-Außenstelle Düsseldorf ruhen, die über Aufenthalt oder Abschiebung der vor ihnen sitzenden Asylbewerber entscheiden.

Es ist eine sehr konzentrierte Perspektive, bei der das Bemühen des Bürokraten-Quintetts - übrigens drei Angestellte und nur zwei Beamte - um einen möglichst routinierten und teilnahmslosen Eindruck bei der Befragung der Flüchtlinge zum Scheitern verurteilt ist. Verräterisch zuckt der Mund, wenn der Asylbewerber weder Papiere vorlegen noch Angaben über Geburtsdatum und -ort machen kann. Seltsam rege wird der Beamte, wenn es gilt, die durch eine schluchzende Asylbewerberin ausgelöste peinliche Stille zu überbrücken. Und dann ist da noch das Diktaphon, das den deutschen Amtspersonen Halt gibt während all der Berichte mitten aus dem Elend der Welt.

Mit diesem Werkzeug werden die Flüchtlingsgeschichten schnell und gründlich in eine bürokratisch-praktikable Form gegossen. "Es sind Leute, die ihre Arbeit tun, im guten wie im schlechten deutschen Sinne", sagt Hansjürgen Hilgert, der vor zwei Jahren das Porträt eines Asylbewerbers ("Ein Tutsi in Dresden") vorlegte und dafür mit dem Civis-Preis belohnt wurde. Das Bundesamt sei "eben ein Apparat, der ganz schnell aus menschlichen Schicksalen einen Fall macht". Im Film verzichtet er freilich ganz auf einen Kommentar oder auf Hintergrund-Informationen, auch die Interviews mit den fünf Entscheidern werden nicht gezeigt, "um die spannungsreichen Beobachtungen nicht zu unterbrechen", sagt Hilgert. Aus den 35 Stunden Material hat er einerseits die unglaubwürdigsten Flüchtlingsberichte herausgelassen, um nicht den Ressentiments gegen Asylbewerber Vorschub zu leisten, andererseits zeigt er auch nicht das in einem Fall besonders heftige Auftreten eines Entscheiders. Die Schilderungen der Flüchtlinge ließen die Bürokraten durchaus nicht kalt, hat Hilgert beobachtet, dennoch habe selbst das vom Bundesamt ausgewählte Quintett aus "ziemlich scharfen Typen" bestanden.

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