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Medien: Die Fernseh-Verkostung

Nach den Kochshows wird nun der Wein ins rechte Scheinwerferlicht gerückt

Was machen eigentlich all die Köche im Fernsehen? Das Thema boomt immer noch, und das, obwohl das Medium außerstande ist, die entscheidenden Informationen – Geruch, Geschmack, Konsistenz – zu übertragen. Im Schatten der allgegenwärtigen Kochshows drängt nun auch das kulinarische Nebenthema Wein mit Macht in die Glotze, und das ist durchaus noch paradoxer. Denn Köchen beim Kochen zuzusehen, ist im Idealfall auch dann unterhaltsam, wenn ihr Arbeitsergebnis unerreichbar fern bleibt; Winzer beim Weinmachen sind so interessant wie Malermeister, die auf das Trocknen der Farbe warten.

Dennoch diktiert der Zeitgeist, dass über ihre Arbeit gesendet werde. Wein ist ein Kultursymbol seit Menschengedenken und hat als wohl einziges landwirtschaftliches Produkt eine mythologische Überhöhung erfahren, wie sie bei sauren Gurken oder Weißbrot kaum denkbar wäre. Wer einmal kulturpessimistische Intellektuelle bei leidenschaftlichen Debatten über das Für und Wider des Weinkaufs bei Aldi belauscht hat, weiß Bescheid.

Das Fernsehen muss den probaten Weg der Annäherung an das spröde Thema nicht neu erfinden. Christian Rischert hat Mitte der neunziger Jahre in seiner Serie „Die Weinmacher“ vorexerziert, wie man die beteiligten Personen lebendig werden lässt, er hat den philosophierenden Grübler im Moselwinzer entdeckt und den knallharten Geschäftsmann im Bordeaux-Baron.

Der NDR geht einen ähnlichen Weg mit seinem neuen Versuch, ein Weinmagazin zu etablieren. Von Ostersonnabend bis Ostermontag strahlt der Sender drei Pilotfolgen der Reihe „Hauptsache Wein“ aus, die von Friedrich Küppersbuschs Firma probono produziert wurden. Der Hamburger Sommelier Hendrik Thoma, der seine Fernsehtauglichkeit bereits als Nebendarsteller im Vox- Kochduell bewiesen hat, fungiert dabei eher als Stichwortgeber denn als Anchorman – in der ersten Folge irrt er mit zwei Köfferchen vor dem Berliner Reichstag herum, bevor er daraus einen Tisch hervorzaubert, Platz nimmt, und, plopp, den ersten von zahlreichen Korken aus zahlreichen Flaschen herauszieht.

Berlin? Na, das ist immerhin was Neues, ein Serieneinstieg, der es dem Team ermöglicht, die üblichen Bilder von Weinreben in der Oktobersonne zu Gitarrenmusik zu vermeiden. Wir treffen Stuart Pigott, den hier ansässigen Kritiker, in seinen stilgerecht spleenigen Karohosen, sehen beim Blindverkosten von Supermarktweinen zu und folgen Julia Klöckner, einer ehemaligen Weinkönigin, die jetzt im Bundestag die Sache des deutschen Weins vertritt.

Herausgekommen ist ein recht oberflächlich aufbereiteter, aber farbiger Stoff, der durch milde Ironie aus dem Off an Würze gewinnt; profane Zutaten wie Einkaufstipps oder Restauranthinweise werden ebenso sorgfältig vermieden wie der sattsam bekannte Expertenslang, der noch jeden Superwein so lange in seine Aromakomponenten zerlegt, bis nichts mehr davon übrig ist. Im Gegenteil. Auffällig ist der geradezu provozierende Verzicht auf jegliches Kenner-Getue, die Botschaft lautet einfach: Trinkt, was euch schmeckt. Thoma scheint allerdings damit ein wenig unterfordert.

Schauplätze wie Berlin, die werdende Weinstadt, sind freilich selten, und so landet die zweite Folge nicht unerwartet im Rheingau und gerät dort rasch in vertrautes Fahrwasser. Nun blickt die Kamera wieder durch die Rebzeilen, trifft dort auf die sehnigen Fäuste angesehener Winzer, wandert dann ab ins Rheintal und weidet sich ein wenig an den Scheußlichkeiten der Drosselgasse und ihrer Besucher. Ganz klar ist nicht, wohin die Macher mit diesem Magazin wollen, das Kennern nichts Neues sagt und Neulinge allenfalls vage zum Trinken motiviert. Es wird für den Wein wohl auch künftig nur zu einer Nebenrolle im Genussfernsehen reichen.

„Hauptsache Wein“, Samstag, Ostersonntag und Ostermontag, jeweils 13 Uhr 30, NDR.

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