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Medien: Die GEZ stöhnt

Unerwartet starke Antragsflut zur Gebührenbefreiung

Man könnte es als Schnapsidee bezeichnen: Die GEZ damit zu beauftragen, Fernsehgucker und Radiohörer von der Gebührenpflicht zu befreien, erscheint ähnlich logisch, als wollte man sich beim Finanzamt nach Steuerschlupflöchern erkundigen. Und doch ist es so: Seit dem 1. April entscheidet die Gebühreneinzugszentrale über die Befreiung von den Rundfunkgebühren. Die GEZ klagte gestern in Köln über erhebliche Umstellungsprobleme. Für die Antragsteller bedeutet das, dass sie länger auf die Bescheide warten müssen – in der Regel vier bis sechs Wochen im Vergleich zu einer bis zwei Wochen vor der Reform.

Ein Nachteil entstehe ihnen dadurch nicht, sagte Hermann-Josef Flosbach, der bei der GEZ für den Bereich Gebühreneinzug verantwortlich ist. Jeder Antragsteller, der die gesetzlichen Voraussetzungen erfülle, werde von den Gebühren befreit. Allerdings ist einer Reihe von Antragstellern dadurch ein Nachteil entstanden, dass sie nach dem Frist-Ende der alten Gebührenbefreiung und der Bearbeitung der neuen Anträge von der GEZ zur Kasse gebeten wurden. Die Lücke entstand auch durch Hartz IV. So muss die GEZ Rundfunkteilnehmer befreien, die das neue Arbeitslosengeld II beziehen. Doch für einen Antrag bei der GEZ ist der entsprechende Bescheid erforderlich. Über die Zahl derer, die in der Zwischenzeit Rundfunkgebühren zahlen mussten, obwohl sie später wieder befreit wurden, liegen der GEZ angeblich keine genauen Angaben vor. Um diese Lücke zu schließen, habe die GEZ eine Art Vormerkung eingeführt, sagt GEZ-Mann Reinhold Hirsch. Wer bereits befreit war, wird für einige Zeit nicht zur Kasse gebeten. Außerdem würden fehlende Zahlungen in den ersten beiden Monaten nicht ins Mahnverfahren aufgenommen.

Die GEZ rechnet damit, dass Ende 2005 drei Millionen Rundfunkteilnehmer von den Gebühren befreit sein werden. Ende 2004 waren es noch 2,7 Millionen. Vor der Reform wurden unter anderem Sozialhilfe-Empfänger und Menschen mit niedrigem Einkommen befreit. Davon muss ein Teil nun Gebühren bezahlen, weil die Befreiung nicht mehr ans Einkommen gekoppelt ist. Diesen Rückgang macht die hohe Zahl der Bezieher von Arbeitslosengeld II mehr als wett. Rund 70 Prozent der 20000 täglich bei der GEZ eingehenden Anträge stammen von ALG-II-Berechtigten. Insgesamt hatte die GEZ mit 12000 Anträgen gerechnet.

Vor allem hätten fehlende Informationen bei den kommunalen Ämtern zu Verzögerungen geführt. „Die Leute waren es gewöhnt, beim Sozialamt alles auf den Tisch zu legen“, sagte Reinhold Hirsch. Behindertenausweise und Reisepässe im Original oder auch Mietverträge und Rentenbescheide würden eingeschickt, die für das Verfahren unerheblich sind. Die GEZ benötigt keine Originale, sondern nur beglaubigte Kopien. Das Antragsformular liegt bei Sozialämtern und im Internet aus (www.gez.de).

Hermann-Josef Flosbach rechnet damit, dass die GEZ zehn Millionen Euro im Jahr mehr aufwenden muss (zuletzt betrug das jährliche Gebührenaufkommen gut sechs Milliarden Euro) – Geld, das Gebührenzahler aufbringen müssen. Die Ausgaben der GEZ werden bei der Berechnung der späteren Gebührenhöhe durch die KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs) mit eingerechnet. Wer hofft, dass die Mehrarbeit zu nachlassendem Eifer der 1200 Spürnasen starken Abteilung Außendienst führt, dürfte enttäuscht werden. Bei der Suche nach Schwarzsehern werde nicht nachgelassen, so Flosbach.

T. Gehringer

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