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Medien: Die globale Redaktion

Erste Journalisten-Jobs ziehen in Billiglohn-Länder. Zum Beispiel nach Indien, wo Reuters jetzt ein Büro hat

Die Globalisierung hat nun auch den Journalismus erfasst. Wenn in diesen Tagen die zusammengefassten Quartalsergebnisse oder andere Unternehmensnachrichten bei den US-Abonnenten von Reuters einlaufen, kommen sie zumindest teilweise aus Indien. Seit diesem Monat unterhält die Nachrichten- und Informationsgesellschaft Reuters eine Außenstelle in der Stadt Bangalore: 340 Mitarbeiter sind hier beschäftigt, darunter 20 Journalisten. Bis 2004 sollen es etwa 400 Mitarbeiter werden.

Der Umzug in das Billiglohn-Land ist Teil des dreijährigen Sanierungsplans namens „Fast Forward“. Damit sollen bis 2006 insgesamt etwa 440 Millionen Pfund pro Jahr gespart werden: also 628 Millionen Euro. Wie viel allein dadurch gespart wird, dass Arbeitsplätze nach Indien verlegt werden, will Reuters nicht sagen.

Der Wirtschaftsdienst Dow Jones News GmbH hat es Reuters vorgemacht: Die Firma Alfa Press wickelt im Auftrag des Eschborner Unternehmens Übersetzungsarbeiten von Budapest aus ab. Die Gehälter dort sind, je nach Position, etwa 30 bis 50 Prozent niedriger als in Deutschland, die Büroräume ein Drittel billiger. Acht Budapester Journalisten übersetzen Nachrichten aus den USA für den deutschen Markt, und das im Akkord: eine Übersetzung in fünfzehn Minuten, 120 am Tag. „Auf Dauer wären ein paar andere Aufgaben schön, um das Arbeitsprofil aufzuwerten“, sagt Andreas Vogler, Chef von Alfa Press.

Die neuen indischen Reuters-Mitarbeiter fassen digital verfügbare Daten beispielsweise aus Jahresberichten oder Quartalsergebnissen für US-Kunden zusammen. „Sie sind sehr qualifiziert für ihre Arbeit, zu einem Großteil sind es Hochschulabsolventen“, sagt Yasmeen Khan, Sprecherin von Reuters. Das Unternehmen habe Bangalore ausgewählt, weil der Standort „Zugang zu gut ausgebildetem Personal gewährleistet. Bangalore hat sich etabliert als eine der führenden Städte in Indien für solche Geschäftsfelder.“

Wo aber liegt im journalistischen Bereich die Grenze für eine Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland? In Zeiten des Internets kann man theoretisch den ganzen Nachrichtenteil einer Zeitung im letzten Winkel der Erde herstellen. Reuters will sich dazu nicht äußern. Aus der Redaktion von Dow Jones News heißt es, dass eine Auslagerung aus jetziger Sicht lediglich für leichte Übersetzungsarbeiten sinnvoll sei. Außerdem habe man nicht vor, weitere Arbeitsplätze ins Ausland auszulagern.

Till Frommann

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