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Medien: Die Illusion der Nachricht

DER KRIEG IM FERNSEHEN Zeit der Verwirrung. Marietta Slomka hat im „heute- journal“ gesagt: „Das meiste, was wir senden, steht unter Vorbehalt.

DER KRIEG IM FERNSEHEN

Zeit der Verwirrung. Marietta Slomka hat im „heute- journal“ gesagt: „Das meiste, was wir senden, steht unter Vorbehalt.“ Die Nachrichtenmoderatorin distanziert sich von ihren Nachrichten. Das sind die Lehren aus den vergangenen Kriegen, wo sich so manche Tatsache als professionelle Täuschung entpuppte. Niemand will sich mehr dem Vorwurf aussetzen, allzu naiv der Propaganda geglaubt zu haben. Also zitierte Slomka auch noch Churchill: „Die Wahrheit ist so kostbar, dass man sie von Lügen umstellen muss.“

Und wenn es keine Lügen sind, was ist es, das wir nicht erfahren? Warum etwa musste der ZDF-Mann Tilgner sein Telefongespräch abbrechen, was durfte er nicht erzählen? Und was bringen Bilder wirklich? Am Freitagmorgen zeigte RTL minutenlang Sand und wackelnde Büsche mit der Einblendung LIVE. Dann waren parkende Lastwagen in der Wüste zu sehen, LIVE. Das sind eher die Illusionen von Nachrichten. Nur Al Dschasira hatte Bilder von irakischen Städten und Flüchtlingen, was leider im französischen Fernsehen lief. Dafür hat das ZDF die Nachricht in der Nachricht entdeckt. Die Moderatorin verlas die Meldung, der Vorstoß der US-Truppen gehe zügig voran, treffe auf keinen Widerstand. In dieser Sekunde war auf dem neuerdings eingeblendeten blauen Band zu lesen: „US-Vormarsch 200 Meter hinter der Grenze gestoppt.“

Auch Freitag früh gab es bei CNN immer noch die Rede von Saddam Hussein und die Frage: War der Saddam echt? Da hatte ein deutscher Experte, der auch CIA & FBI berät, längst erklärt: Er ist echt! Bestätigt wurde das durch ein Foto in „Bild“: Als Beweis gilt eine Warze an der linken Wange. Am Nachmittag meldete dann die „Washington Post“, US–Geheimdienste hätten Parisoula Lampsos zu Saddams Auftritt befragt, „die nach eigenen Angaben jahrelang Geliebte von Saddam war“. Doch Frau Lampsos vermochte den Diktator trotz Warze nicht zu identifizieren. Präsident Bush ließ sich nicht verwirren, sondern Bagdad bombardieren. Die Folge waren grüne Bildschirme.

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