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Medien: Die öffentlich-rechtliche Blondine

Der WDR hat aus der Kirch-Konkursmasse „Blondes Gift“ gekauft. Jetzt tritt Barbara Schöneberger im Dritten auf

Von Thomas Gehringer

Barbara Schöneberger sitzt auf einem Barhocker in einem Kölner Hotel: „Ich weiß nicht, ob Ihnen das aufgefallen ist“, sagt sie und guckt dabei in die Runde der Journalisten, „ich habe richtig Lust am Sprechen. Wahrscheinlich ist der Gast nicht mehr lange Teil meiner Sendung.“

Und wie das aufgefallen ist: Nicht nur ihre Lust am Sprechen, ihre Schlagfertigkeit, auch ihre Attraktivität. In unzähligen Talkshows war sie zu Gast. Bei so viel medialer Aufmerksamkeit muss man es wohl als Coup bewerten, dass der WDR Schönebergers Sendung „Blondes Gift“ aus dem Strudel der Kirch-Pleite gerettet und ans sichere öffentlich-rechtliche Fernsehufer gezogen hat. Ab dem heutigen Sonnabend wird die bisher in Ballungsraumsendern wie TV.Berlin oder tv.nrw ausgestrahlte Show statt viermal nur noch einmal wöchentlich im dritten WDR- Programm gezeigt, und zwar immer sonnabends um 23 Uhr 15: auf 30 Minuten verkürzt, aber in Ablauf und Studio-Dekoration unverändert. Den „Blond-Faktor“ eines Gastes wird Frau Schöneberger natürlich weiterhin regelmäßig prüfen.

Zum Auftakt trifft es Bernhard Hoëcker, den besonders Kleinen und besonders Dämlichen aus der abgesetzten Pro-Sieben-Comedy „Switch“. Das Gespräch dient nach wie vor in erster Linie dem Amüsement der Gastgeberin, die immer froh ist, „wenn jemand auch selbstbewusst ist und sich wehren kann“. Hoëcker immerhin mischt munterer mit als so manches drittklassiges TV- Sternchen; auf solche musste „Blondes Gift“ in der Vergangenheit zumeist zurückgreifen. Sie kamen meist nur unwesentlich häufiger zu Wort als die stumme Badenixe in der Studiokulisse.

Was bleibt, sind auch die traditionell unsinnigen Spielchen: Hoëcker muss Figuren mit Höckern auf Hocker werfen und gibt auch sonst brav die Witzfigur. Sein Protest („Normalerweise wird man immer höflich behandelt“) ist ebenso wenig ernst zu nehmen wie beinahe alles an dieser seltsamen Blüte deutschen Trash-Fernsehens.

Aber da ist ja noch die Moderatorin mit ihrer „äußerst seltenen Mischung aus Intelligenz, Humor und Erotik“, wie WDR-Fernsehdirektor Ulrich Deppendorf die allseits veröffentlichte Kritikermeinung zusammenfasst. Und im Überschwang der Übernahme- Freude nennt er sie noch „überaus entertaining“, was irgendwie jünger und schicker klingt als „unterhaltsam“. Schicker und jünger will der WDR ja werden, der immerhin mit „Zimmer frei“ (sonntagsabends) eine seltene Unterhaltungs-Perle im Programm hat.

Deshalb sei der WDR auch der neue Wunschpartner gewesen, behauptet Oliver Mielke, Geschäftsführer der Entertainment Factory. Im April hatte die insolvente Kirch- Media den Auftrag für alle Ballungsraum-Formate der Pullacher Firma gekündigt. Neben „Blondes Gift“ wird wohl nur die „WiB- Schaukel“ mit Wigald Boning überleben, an der das ZDF Gefallen fand. Mielke will nun für Barbara Schöneberger, die für Sat 1 weiterhin die Morgenshow „Weck Up“ moderiert, weitere Sendungen entwickeln. Dagegen müssen die Ballungsraumsender, die derzeit die alten Folgen von „Blondes Gift“ wiederholen, ab August auf Schöneberger verzichten: Mielke hat die Rechte an „Blondes Gift“ zurückgekauft.

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