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Die Proteste bei ARD/ZDF: Spät, aber fair

Das Informationsbedürfnis der Zuschauer in Sachen Ägypten ist hoch. ARD und ZDF kommen dem bislang aber nur bedingt nach.

Frank Plasberg ist – wieder einmal – der Erste. Der erste große Show-Talker zumindest, der sich in diesen Tagen des Themas Ägypten annimmt. „Freiheit oder Gottesstaat – wie gefährlich ist die Revolution am Nil?“, so die Frage in der heutigen „hart aber fair“-Ausgabe. Zu Gast unter anderem John Kornblum, ehemaliger Botschafter der USA in Deutschland, Aiman Mazyek, Präsident des Zentralrats der Muslime in Deutschland, sowie Michel Friedman, Publizist und TV-Moderator. Man kann sich gut vorstellen, dass die drei Experten auch am Sonntagabend Zeit gehabt hätten, bei Anne Will vorbei zu schauen. Doch die Moderatorin talkte unverdrossen zum Thema „Mythos Guttenberg“.

Proteste in Ägypten – von Sondersendungen im Fernsehen jedoch kaum eine Spur. Dabei ist das Informationsbedürfnis der Zuschauer extrem hoch, wie die ungewöhnlich starken Quoten der Nachrichtensendungen vom Wochenende zeigen. Am Sonntag schalteten 8,59 Millionen Zuschauer vorm „Schimanski“-Krimi die „Tagesschau“-Hauptausgabe ein. Am quotenschwächeren Montag waren es 5,47 Millionen. Das „heute journal“ am Sonntagabend war mit 6,26 Millionen Zuschauern die mit Abstand meistgesehene Sendung des Tages im ZDF. Einen Tag später sahen 4,28 Millionen Zuschauer das „heute-journal“. Dass auch bei den Jüngeren das Info-Bedürfnis hoch war, belegen die Zuschauerzahlen bei „RTL aktuell“: Der Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen lag am Sonntag um 18 Uhr 45 bei starken 24,3 Prozent. Insgesamt verfolgten fast sechs Millionen Zuschauer das Nachrichtenmagazin des Privatsenders.

Sicher, „heute“, „heute-journal“, „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ erfüllen mit profunden Korrespondentenberichten ihre Pflicht. Auch der ARD-„Presseclub“ hat am Sonntagmittag kurzfristig reagiert. Statt um Guttenberg ging es um „Aufstand in Ägypten – Kommt jetzt die Demokratie?“ Diesen Schwenk hat am Abend „Anne Will“, das Flaggschiff der Polit-Unterhaltung im Ersten, nicht mehr vollzogen. Täuscht der Eindruck, oder fällt dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu den brisanten Unruhen im nördlichen Afrika an Sondersendungen nicht genug ein? „Der Eindruck täuscht tatsächlich“, verteidigt ARD-Chefredakteur Thomas Baumann die Programmkoordination im Ersten. „Am vergangenen Freitag hatten wir um 20 Uhr15 einen ,Brennpunkt‘ zur Lage in Ägypten. Am Wochenende wurde das Thema ausführlich im ,Europamagazin‘, im ,Bericht aus Berlin‘ und im ,Weltspiegel‘, in einer verlängerten 20-Uhr-,Tagesschau‘ am Sonntag sowie im ,Presseclub‘ aufgegriffen.“ Für Dienstagabend hat das Erste einen „Brennpunkt“ ins Programm genommen.

Vom ZDF war bis Redaktionsschluss zu diesem Thema keine Stellungnahme zu bekommen. Die Fragen, die die Menschen interessieren, liegen – abseits von Reiseempfehlungen – ja auf der Hand und werden von ARD-aktuell-Chef Kai Gniffke im Internet-Blog formuliert, Eintrag 1. Februar. „So richtig festlegen, ob man nun mit Mubarak und Co. brechen soll oder nicht, möchten sich die Spitzendiplomaten nicht, jedenfalls nicht, solange man nicht weiß, wer gewinnt. Über solch opportunistische Politik können wir Journalisten trefflich abledern. Schließlich war uns schon immer klar, dass das mit den autoritären Staaten nicht gut geht (...) Aber ich fürchte, der Umgang mit autoritären Regimen wie Ägypten war kein Ruhmesblatt des Mainstream-Journalismus. Das sollte man im Kopf haben, wenn man jetzt die Politik für die Untätigkeit der vergangenen Jahrzehnte hinhängt.“ Markus Ehrenberg

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