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Medien: „Die Ursünde muss weg“

Wenn Kabelempfang kostet, darf auch Satelliten-TV kosten: Privatfunk-Chef verteidigt geplante Gebühr

Herr Doetz, der Satellitenbetreiber Astra und die Senderfamilien von RTL und MTV wollen die Zuschauer von Satellitenfernsehen mit einer Monatsgebühr von 3,50 Euro zur Kasse bitten. Ist der Fernsehempfang in Deutschland noch nicht teuer genug?

Zunächst einmal: Astra plant im Prinzip nichts anderes als das, was beim Kabelempfang schon Praxis war und ist. Für den Kabelempfang muss monatlich gezahlt werden. Dass wir als private Programmveranstalter von den Gewinnen der Kabelgesellschaften, die sie ja mit den von uns finanzierten Inhalten machen, in der analogen Welt nichts abbekommen haben, war für mich schon immer eine der Ursünden des analogen Rundfunksystems. Das wollen wir im Zuge der Digitalisierung ändern – und das gilt für alle privaten Anbieter auf allen digitalen Vertriebswegen.

Das Projekt ist unpopulär – warum wird es vom Privatfernsehen trotzdem verfolgt? Die Sender müssen doch sehr auf ihre Beliebtheit beim Publikum achten.

Zusätzliche Kosten sind immer unpopulär und verleiten zum Populismus, wie wir es gerade erleben. Wir müssen in diesem Punkt endlich zur Sachlichkeit zurückkehren. Die Grundverschlüsselung ist in der digitalen Welt eine unverzichtbare Voraussetzung zum Schutz des Signals vor unberechtigten Zugriffen. Gleichzeitig muss es privaten Wirtschaftsunternehmen erlaubt sein, die Voraussetzung für Geschäftsmodelle zu schaffen, die adressierbare Endgeräte erlauben. Deshalb erachte ich auch die Entscheidung der betroffenen Veranstalter zur Unterzeichnung von Verträgen mit Astra als konsequenten, mutigen und notwendigen Schritt im Zuge der Überlegungen, wie wir den Herausforderungen der Digitalisierung begegnen können.

Wollen alle privaten Sender die Satellitengebühr oder wollen sie nur RTL und MTV?

Alle privaten Sender wollen die Möglichkeit der Adressierbarkeit ihrer Programme – und das bedeutet Grundverschlüsselung. Für welche Geschäftsmodelle sich dann die einzelnen Sender entscheiden, liegt in ihrer unternehmerischen Entscheidung, mit allen Chancen und Risiken.

Das Bundeskartellamt hat die Pläne bereits kritisiert. Es riecht nach Ablehnung. Wird dann geklagt?

Warten wir erst einmal ab. Ich gehe allerdings nicht davon aus, dass das Bundeskartellamt die privaten Rundfunkunternehmen verpflichten kann, ihre Inhalte den Netzbetreibern auf Dauer kostenlos zur Verfügung stellen zu müssen. Und da alle Privaten dieser Auffassung sind, und dies auf der Agenda haben, sehe ich auch keinen kartellrechtlichen Verbotsansatz.

Ist denn die Satellitengebühr der Einstieg in ein deutsches Privatfernsehen, das es nur noch als Pay-TV geben soll?

Völlig daneben! Verschlüsselung meint eben nicht, dass alle Angebote und Dienste zu Pay werden, sondern eröffnet die Option für individualisierte und interaktive Dienste.

Das Szenario muss Ihnen unheimlich sein: öffentlich-rechtliches TV als Free-TV, privates Fernsehen als Bezahl-TV. Da gibt es künftig die Guten und die Bösen …

Das wäre in der Tat unheimlich – wenn es stimmen würde. Für die öffentlich-rechtlichen Programme bezahle ich eine hohe Zwangsgebühr, die es eigentlich verbietet, von Free-TV zu sprechen. Und noch einmal: Die privaten Sender werden nicht dadurch zu Pay-TV, dass sie verschlüsselt werden, dass Zuschauer für den digitalen Empfang bezahlen müssen und die Veranstalter mit den Netzbetreibern neue Geschäftsmodelle vereinbaren. Also: zurück zur Sachlichkeit!

Das Interview führte Joachim Huber.

Jürgen Doetz ist

Präsident des Verbands Privater Rundfunk und Telekommunikation. Mit ihm sprach Joachim Huber.

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