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Medien: Die Wende

US-Journalistin Judith Miller aus Beugehaft entlassen – Informant entbindet sie von Schweigepflicht

Die „New-York-Times“-Reporterin Judith Miller ist nach zwölf Wochen Beugehaft wieder frei. Am Freitag sagte sie nun doch vor Untersuchungsrichter Patrick Fitzgerald in dem Verfahren um die Enttarnung der CIA-Agentin Valerie Plame aus. Miller und die „New York Times“ nahmen für sich in Anspruch, selbstlos das Prinzip des Quellenschutzes verteidigt zu haben. Die Wende sei möglich geworden, nachdem ihr Gesprächspartner Lewis Libby, Stabschef von US-Vizepräsident Dick Cheneys, sie von der Vertraulichkeit befreit und ihr jetzt persönlich zugesichert habe, dies sei freiwillig geschehen.

Tatsächlich geht die 57-jährige Pulitzerpreisträgerin, die als eigenwillig und beratungsresistent gilt, damit den Weg ihrer Kollegen, zum Beispiel Matthew Cooper vom „Time“-Magazin, den sie zu Beginn der Beugehaft am 6. Juli noch abgelehnt hatte. Damals hatte Miller noch absoluten Quellenschutz verlangt. Wenn Staatsbedienstete Journalisten von der Vertraulichkeit eines Hintergrundgesprächs befreien, könne das auf „Druck von oben“ zurückzuführen sein. Die „Washington Post“ zitiert Libbys Anwälte, Libby habe Miller diese Zusicherung seit einem Jahr gegeben; er sei erstaunt, dass Miller erst jetzt davon Gebrauch mache. Auch Richter Hogan, der die Beugehaft von Judith Miller anordnete, hatte sie damals darauf hingewiesen, dass die Quelle, die sie zu schützen vorgebe, keine Vertraulichkeit beanspruche. Diese Informationen stehen nicht in der „New York Times“.

Fitzgerald hatte unterstrichen, dass er nur auf Millers Aussage warte, um die Untersuchung abzuschließen, und ihre Beugehaft noch Monate dauern könne. Miller hatte allerdings keine Zeile über den Fall geschrieben. Hintergrund ist die Aufdeckung der Identität der CIA-Agentin Valerie Plame im Juli 2003. Sie ist die Frau des Sonderbotschafters Joseph Wilson. Der hatte im Auftrag der Regierung den Vorwurf untersucht, Saddam Hussein versuche, in Afrika angereichertes Uran für Atombomben zu kaufen. Wilson fand keine Belege und warf dem Weißen Haus später vor, Geheimdienstmaterial manipuliert zu haben, um den Irakkrieg zu rechtfertigen. In der Öffentlichkeit wird Plames Enttarnung als Rache an Wilson interpretiert. Die entscheidenden Hinweise, dass Valerie Plame Frau Wilson ist, kamen aus dem Weißen Haus: von Lewis Libby und Präsident Bushs Chefstrategen Karl Rove.

Die Enttarnung von Geheimdienstmitarbeitern ist in den USA strafbar. Daher die Untersuchung, wie die Identifizierung Valerie Plames als Frau Wilson im Juli 2003, acht Tage nach Botschafter Wilsons Manipulationsvorwürfen, den Weg in die Medien fand. Mehrere Journalisten, darunter Miller, hatten mit Rove oder Libby gesprochen; beide behaupten, sie hätten Plames Klarnamen nicht genannt, sondern lediglich auf die Frage, warum Botschafter Wilson mit der Untersuchung des angeblichen Uran/Afrikageschäfts beauftragt wurde, gesagt, das habe mit der Arbeit seiner Frau zu tun.

In den USA gibt es in den meisten Einzelstaaten Gesetze zum Informantenschutz, nicht aber auf Bundesebene.

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