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Medien: "Die Zeit": Ermittlungen gegen die Wochenzeitung

Die Berichterstattung über Aktenvernichtungen im Bundeskanzleramt hat erste Auswirkungen - auf die Arbeit der Presse selbst. Nach Informationen des Tagesspiegel hat die Hamburger Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen die Wochenzeitung "Die Zeit" aufgenommen.

Die Berichterstattung über Aktenvernichtungen im Bundeskanzleramt hat erste Auswirkungen - auf die Arbeit der Presse selbst. Nach Informationen des Tagesspiegel hat die Hamburger Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen die Wochenzeitung "Die Zeit" aufgenommen. In der "Zeit"-Ausgabe vom 20. Juli 2000 hatten Thomas Kleine-Brockhoff und Bruno Schirra über Akten- und Dateivernichtungen im Kanzleramt nach dem Regierungswechsel berichtet. Unter der Überschrift "Operation Löschtaste" hatten sie aus geheimen Anhörungsprotokollen des Sonderermittlers Burkhard Hirsch zitiert.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft richten sich gegen die beiden Autoren, Chefredakteur Roger de Weck sowie Ressortchef Martin Klingst. "Zeit"-Sprecherin Victoria Johst bestätigte den Vorgang. Die Wochenzeitung will in ihrer heutigen Ausgabe unter der Rubrik "Zeitspiegel" ihre Leser auf die Ermittlungen aufmerksam machen.

Der umstrittene Beitrag beschäftigte sich mit der Frage nach Verantwortlichkeiten für Aktenvernichtungen. Die Autoren fassten die Vorgänge unter dem Begriff "Regierungskriminalität" zusammen und sprachen davon, dass "die wichtigste Spur ins Büro des damaligen Kanzleramtschefs führt, zu Friedrich Bohl".

Die nun eingeleiteten Ermittlungen konzentrieren sich auf den Straftatbestand "Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen". Laut Paragraf 353 d des Strafgesetzbuches macht sich strafbar, "wer die Anklageschrift oder andere amtliche Schriftstücke eines Strafverfahrens (... ) ganz oder in wesentlichen Teilen im Wortlaut der Öffentlichkeit mitteilt, bevor sie in öffentlicher Verhandlung erörtert worden sind oder das Verfahren abgeschlossen ist". Nach Auskunft von Rüdiger Bagger von der Staatsanwaltschaft liegt eine Strafanzeige vor. Die Ermittler prüfen nun, ob der Straftatbestand im Fall der Hirsch-Protokolle zutrifft. Sollte es zu einer Anklage kommen, drohen den Beschuldigten Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr oder Geldstrafen.

Der Anwalt des "Zeit"-Verlages, Jörg Nabert, sieht in den Ermittlungen eine Gefahr für die Pressefreiheit. "Hier soll offenbar der Versuch unternommen werden, mit Hilfe juristischer Mittel journalistische Recherchen zu verhindern", sagte er.

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