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© AFP

Apple MacIntosh: Ein Wurm im Apfel

Nach dem Mega-Update von Apple, das 58 Sicherheitslücken beseitigt, fragen sich die Nutzer: Wie sicher ist mein Mac wirklich?

Anfang des Monats hat Apple sein neuestes Betriebssystem „Snow Leopard“ zum zweiten Mal aktualisiert – und dabei 58 Sicherheitslücken geschlossen. Nach Apple-Angaben ist das Betriebssystem nun aus dem Gröbsten heraus, zeigt sich deutlich stabiler und auch sicherer. Doch wie sicher ist ein Mac wirklich, angesichts so vieler potenzieller Sicherheitsrisiken? Und was sagt das über die Stabilität aus?

Auf den ersten Blick erschreckt die Anzahl von Sicherheitslücken, die Apple mit Mac OS X 10.6.2 geschlossen hat, zumal es sich dabei auch um einige kritische Hintertürchen gehandelt hat. „Mich erschreckt diese Zahl nicht“, entgegnet Walter Mehl, Betriebssystemexperte beim Fachmagazin „Macwelt“ in München. „Apple hat in großem Umfang Open-Source-Bestandteile aktualisiert, allein für den Webserver Apache ein Dutzend.“ Ebenso kommen auch die Anwender der Vorversion Leopard in den Genuss von mehr Sicherheit mit dem Security-Update. „Mich erschreckt vielmehr die Zeit, die sich Apple nimmt, diese Komponenten auch an seine Kunden auszuliefern.“ Apple habe eine Bequemlichkeit entwickelt, die ihn an Microsoft erinnere – „allerdings an das Microsoft von vor zehn Jahren“, ärgert sich der Mac-Experte.

Eine Untersuchung der ETH Zürich aus dem vergangenen Jahr untermauert diese Meinung mit Fakten: Waren bei Microsoft im Beobachtungszeitraum 2002 bis 2007 zwischen den einzelnen Updates bis zu 22 bekannte Probleme nicht behoben, waren es bei Apple 55. Mac-Experte Mehl ergänzt: „Die Open-Source- Komponenten haben die freien Entwickler ja längst aktualisiert, nur bei Apple lässt man sich unnötig viel Zeit.“ Möglicherweise habe die Entwicklung der iPhones- und iTunes-Sparte höhere Priorität, schätzt der Experte.

Der Endanwender am heimischen MacBook oder iMac kann dieser Debatte dennoch recht entspannt folgen. Denn insgesamt bleibt die Zahl der Schädlinge überschaubar: Von etwa 50 Viren, Trojanern und Würmern befallen mehr als die Hälfte lediglich Altsysteme, die noch mit dem Macintosh-Betriebssystem 9 laufen. Beim Rest der Bedrohungen handelt es sich um Konzeptstudien, die es noch nicht ins Internet geschafft haben. Ernst zu nehmende Ausnahmen bilden die Trojaner „iServices“ oder die Familie „RSPlug“, mit der auch der jüngste Schädling „Jahlav“ verwandt ist. Sie verstecken sich etwa in Photoshop-Raubkopien, die über Tauschbörsen verschoben werden, oder tarnen sich als Video-Zusatzkomponente insbesondere auf Rotlicht-Seiten. Sie öffnen Hintertüren für Spammer oder leiten auf Phishing-Seiten um. Und sie haben alle eines gemeinsam: Sie benötigen Administratorenrechte. (siehe Kasten)

„Etwas Vorsicht beim Internetsurfen und die Trennung zwischen einem Alltags- und einem Administratorkonto sind der effektivste Schutz“, sagt Mehl und rät allen, diese Umstellung zumindest einmal auszuprobieren – für eine Woche. „Man bekommt auch ein Gefühl dafür, welche Aktionen systemkritisch sind, denn erst nach dieser Trennung wird der Unterschied erlebbar.“

Mac-Nutzern mit aktiver Firewall wie im Auslieferungszustand rät der Systemexperte von Antiviren-Software ab. Anders sieht es im professionellen Bereich aus: „Wer geschäftlich mit Windows-Benutzern Daten tauscht, macht sich keine Freunde, wenn sich darunter Schadprogramme befinden.“ Der Mac selbst infiziere sich zwar nicht, aber er kann sie als Wirt weitergeben, per E-Mail, auf einer gebrannten CD oder dem USB-Stick. Eine Empfehlung zu Norton AntiVirus, Intego Virus Barrier oder Sophos Anti-Virus will er nicht geben, im Open-Source- Bereich ist ClamXav eine kostenlose Alternative. Umsicht müssen alle Apple-Anwender zeigen, die Windows zusätzlich nutzen: Intego und Norton bieten kombinierte Mac-Windows-Lösungen ab 70 Euro an.

Wichtiger als ein Virenschutz sind für den reibungslosen Betrieb vom aktuellen Mac OS X zwei Gigabyte Arbeitsspeicher und eine regelmäßige Pflege des Systems. Ronald Schulz, leitender Techniker beim Apple-Einzelhändler Gravis, hat einen zunächst erstaunlichen Tipp parat: den Computer nicht auszuschalten. Zumindest hin und wieder nicht: „Das System macht die Wartung ganz alleine – aber nur nachts!“ Das sei ein Erbe aus der Unix-Welt, der Welt von Großrechnern und Servern, die immer arbeiten, aber in den frühen Morgenstunden wenig zu tun haben. Wem das zu energiefressend ist, der greift als Profi zur Unix-Kommandozeile und als Amateur zum kostenlosen Helfer Onyx. Es kann all diese Wartungsautomatismen in einem Rutsch erledigen, dazu zählen auch das Reparieren von Zugriffsrechten und das Löschen von Zwischenspeichern. Gänzlich ungeübte Anwender können sich den digitalen Besen „Spring Cleaning“ von Smith Micro für knapp 45 Euro in der deutschen Version zulegen, der putzt auch alte, versteckte Programmreste weg.

Solche „Karteileichen“ im System wird man aber auch anders los, mit einer kompletten Neuinstallation. „Am Mac ist das eine Sache von zwanzig Minuten und einer Nacht“, behauptet der Gravis-Techniker. „Das aktuelle Back-up mit Apples ,Time Maschine‘ auf eine externe Festplatte ist auch deswegen Pflicht!“, mahnt er, Geiz sei hier falsch. Man müsse lediglich die aktuelle System-DVD einlegen und das Installationsprogramm starten, etwas später im Verlauf die Option der kompletten Neuinstallation mit Festplattenlöschung auswählen und einige Minuten warten. Nach dem Neustart fragt der systemeigene Migrationsassistent, ob die Daten vom Back-up übertragen werden sollen. „Das kann dann je nach Größe des Video- und Musikarchivs einige Stunden dauern.“ Möglicherweise folgt noch die Bitte um die Installation von Updates, die im Hintergrund geladen wurden.

Mit diesem Umkopieren löst sich ein weiteres Geschwindigkeitsproblem: die Fragmentierung der Festplatte. „Eigentlich regelt das System auch das gemeinsam mit der Hardware“, erklärt Systemexperte Mehl, „wenn die Start-Festplatte noch rund fünf Prozent, mindestens aber fünf Gigabyte freie Kapazität hat.“ Und Techniker Schulz hat noch einen weiteren Tuning-Tipp: den Austausch der Festplatte gegen eine größere und schnellere. „Wer nicht aufs Geld schauen muss, der sollte sich im Fachhandel die neuen Solid State Disks vorführen lassen. Der Wechsel von der magnetischen Platte zum schnellen Flash-Speicher ist ein Quantensprung!“

Ole Meiners

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