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Das Bild zeigt das Logo von Google.

© AFP

Datenschutz: EuGH: Google muss sich an europäisches Recht halten

Seit Jahren streiten sich Datenschützer mit Google, Facebook und anderen, ob sich US-Unternehmen an hiesiges Datenschutzrecht halten müssen. Jetzt sieht es so aus, als würde der EuGH den Datenschützern Recht geben. Ein "Recht auf Vergessen" haben die Nutzer aber nicht.

Von Anna Sauerbrey

Berlin - Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat am Dienstag eine Stellungnahme veröffentlicht, die weitreichende Konsequenzen für den Datenschutz haben könnte. Zum einen stellte der Generalanwalt des EuGH fest, dass Google sich an europäisches Datenschutzrecht halten muss. Das Unternehmen muss aber korrekte Informationen über eine Person aus den Suchergebnissen nicht löschen – auch wenn diese für die Betroffenen von Nachteil sind und schon lange Zeit zurückliegen. In diesem Sinne gebe es kein „Recht auf Vergessen“.

Seit Jahren streiten sich Datenschützer mit US-Unternehmen wie Google, Facebook und Apple, ob das europäische Datenschutzrecht auf deren Tätigkeit anwendbar ist. Die Unternehmen argumentierten, das Recht der EU und ihrer Mitgliedstaaten sei nicht anwendbar, da die Unternehmen ihren Hauptsitz außerhalb der Union haben und die technische Verarbeitung der Daten europäischer Kunden auf Servern jenseits der EU-Grenzen stattfinde. Google etwa hat Niederlassungen in zahlreichen EU-Ländern, unter anderem in Deutschland. Diese sind aber vor allem für den Verkauf von Werbung auf den Google-Seiten zuständig, während Kernfunktionen wie die Google-Suche und der E-Mail-Service von den USA aus organisiert werden.

Der Generalanwalt des EuGH, Niilo Jääskinen, stellte nun fest, dass eine solche Niederlassung ausreicht, um die Anwendbarkeit des nationalen Datenschutzrechts zu begründen. Die Strategie der Unternehmen beruhe darauf, personalisierte Werbung zu verkaufen, die wiederum auf der Auswertung der Nutzerdaten basiere. Damit sei der Vertrieb der Werbung untrennbar mit Datenschutzfragen verbunden.

Der Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, begrüßte die Stellungnahme. „Wenn das so bestätigt wird, hätte das gravierende Auswirkungen für den Datenschutz“, sagte er. Weichert hatte sich vor dem Oberverwaltungsgericht Schleswig um die Klärung einer ähnlichen Frage bemüht. Dabei ging es darum, ob Facebook seine Nutzer zwingen kann, sich mit Klarnamen anzumelden. Seine Klage war im März abschlägig beschieden worden. Das Gericht war der Argumentation von Facebook gefolgt und hatte entschieden, der Datenschutz im Telemediengesetz würde für das US-Unternehmen nicht gelten. Wegen der strittigen Rechtslage strebt auch die EU-Kommission eine Klärung an. Nach dem Willen von Justizkommissarin Viviane Reding soll die Novelle des EU-Datenschutzes Unternehmen, die Dienste für europäische Kunden anbieten, auf den EU-Datenschutz verpflichten, egal, wo sie ihren Sitz haben.

In einem zweiten Punkt bestätigte die Stellungnahme des Generalanwalts allerdings die Sichtweise von Google. Es geht in dem Urteil um den Fall eines Spaniers, dessen Haus 1998 wegen Schulden bei der Sozialversicherung unter den Hammer kam. Das spanische Gesetz verpflichtete eine Zeitung zum Abdruck einer Mitteilung über den Fall, später veröffentlichte der Verleger die entsprechende Ausgabe auch Online. Bei einer Google-Suche nach dem Namen des Betroffenen taucht der Zeitungseintrag über die Pfändung nun immer noch auf. Der Betroffene klagte mit Unterstützung der spanischen Datenschutzbehörde gegen Google und verlangte die Entfernung des Eintrags aus dem Index.

Während der Generalanwalt die Anwendbarkeit europäischen Rechts feststellte, gibt er dem Kläger im Detail nicht Recht. Google könne nicht generell für die Inhalte der Webseiten Dritter verantwortlich gemacht werden, heißt es in der Stellungnahme. Da auch der Verleger mit der Veröffentlichung rechtmäßig handelte, habe der Kläger kein Recht auf die Löschung seiner Daten.

Deutsche Gerichte hatten Google zuletzt verpflichtet, bestimmte Begriffe aus seiner Autovervollständigungsfunktion zu löschen. Geklagt hatte unter anderem Bettina Wulff, die Frau des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff. Zu ihrem Namen schlug die Suchmaschine immer Ergänzungen wie „Escort“ vor. Nach Ansicht von Thilo Weichert müssen sich die Urteile allerdings nicht widersprechen. Die Autovervollständigungsfunktion ist ein Inhalt, den Google selbst erzeugt, während es in dem spanischen Fall um fremde Inhalte geht.

Google kommentierte zunächst nur den zweiten Teil der EuGH-Stellungnahme als positives Signal für die freie Meinungsäußerung. „Wir freuen uns, dass das unterstützt wird, was wir schon seit langem vertreten“, teilte Bill Echikson mit, „nämlich dass es Zensur wäre, würde man Suchmaschinen dazu zwingen, richtige und legale Informationen zu unterdrücken.“ Zu der Frage, ob sich durch ein entsprechendes Urteil des EuGH rechtliche Konsequenzen für Google Deutschland ergeben würde, wollte sich das Unternehmen nicht äußern.

Das Urteil in dem Fall wird wohl erst in einigen Monaten fallen. In der Regel folgen die Richter dem Generalanwalt.

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