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Medien & KI: Der Geschwindigkeits-Check

Alle wollen schneller surfen, doch es klappt nicht. Denn nicht immer ist so viel DSL drin wie behauptet

Von wegen alte Telefonmodems oder noch ISDN-Verbindung – DSL ist angesagt. Die Preise für schnelle Breitband-Internetzugänge sinken, während die Geschwindigkeit steigt. Noch vor wenigen Jahren waren zwei Mbit-Verbindungen das absolute Maximum. Mittlerweile werben die Telekommunikationsanbieter mit Anschlüssen, die 16 000 Kilobit, also 16 Megabit, pro Sekunde empfangen können. DSL 16 000 – übertragen wird dabei achtmal so schnell. Zumindest theoretisch. Denn egal ob Telekom, Arcor oder Alice: fast alle versehen ihr Geschwindigkeitsversprechen mit einer kurzen, aber bedeutsamen Einschränkung. „Bis zu 16 Mbit“ heißt es im Kleingedruckten der Angebote. Die Übertragungsrate an den Privatanschlüssen ist häufig niedriger als beim Vertragsabschluss angenommen, manchmal um bis zu zehn Mbit. „Computer-Bild“ hat in einem Test festgestellt, dass die durchschnittliche DSL-Rate in keinem einzigen Postleitzahlengebiet über sechs Mbit liegt und spricht deshalb sogar von einer „Geschwindigkeitslüge“.

DURCHEINANDER DER SIGNALE

„Unsere Telefonnetze sind für DSL einfach nicht gemacht“, sagt Ralf Burda, Experte für Kommunikationsnetze an der Uni Dortmund. Die Anbieter teilen sich Kupferkabel, die ursprünglich zum Telefonieren verlegt wurden. Weil alle Telekomfirmen dieselben Leitungen verwenden, sind eine Vielzahl von Signalen unterwegs. „Man kann sich das so vorstellen, als würden auf einem Platz ganz viele Menschen durcheinanderreden“, erklärt Burda. „Da müssen Sie auch öfter nachfragen.“ Das kostet Zeit und Übertragungsgeschwindigkeit. Die Übertragungsrate hängt auch davon ab, wie weit die Entfernung zur nächsten Vermittlungsstelle ist. 16 Mbit gibt es höchstens direkt neben dem Verteilerhäuschen. Dasselbe Prinzip gilt zu Hause bei der drahtlosen WLAN-Verbindung. Je weiter die Basisstation vom Computer weg ist, je mehr Beton dazwischen liegt, desto langsamer laden sich Internetseiten.

DER RICHTIGE TEST

Welche Geschwindigkeiten sind bei mir zu Hause überhaupt möglich, fragen sich viele, bevor sie einen Anschluss beantragen. Auf den Internetseiten der Telekom-Anbieter gibt es Verfügbarkeitsprüfungen. Wer ganz sichergehen möchte, sucht sich im Mietshaus einen Nachbarn und fragt den, mit welcher Geschwindigkeit er surft. DSL-Tests bei wieistmeineip.de oder speedreport.de fragen den jeweiligen DSL-Anbieter, die gebuchte Variante sowie die Postleitzahl ab. Die Testseiten schicken dann Datenpakete auf den Rechner, um zu überprüfen, wie schnell diese heruntergeladen werden. Anschließend gehen die Pakete wieder zurück. Damit wird auch die Hochladegeschwindigkeit getestet, mit der man Daten, etwa E-Mails, verschickt. Um die Überprüfung nicht zu manipulieren, ist es wichtig, alle Programme auszuschalten, die den Datenverkehr beeinträchtigen könnten. Hängen mehrere Bewohner an einem Anschluss, sollte nur der Rechner, von dem aus getestet wird, online sein. Anbieter weisen allerdings daraufhin, dass es sich bei den Testergebnissen um Näherungswerte handelt. Um sicherzugehen, ist es besser, verschiedene Testanbieter zu nutzen. Am besten zu unterschiedlichen Tageszeiten. In den Abendstunden sind die Übertragungsraten wegen der hohen Nutzung eher niedrig, nachts dagegen höher.

FRAGEN AN DIE ANBIETER

Liefern mehrmalige Messungen mit unterschiedlichen Tests schwache Ergebnisse, empfiehlt es sich, diese mit Ausdrucken zu dokumentieren und den Telekom-Anbieter schriftlich aufzufordern, die Geschwindigkeit innerhalb einer gesetzten Frist zu erhöhen, rät Katja Henschler, Juristin bei der Verbraucherzentrale Sachsen. „Wenn die Frist verstreicht, ohne dass sich etwas ändert, kann man den Vertrag fristlos kündigen.“ Das ist der juristisch sichere Weg. Auch der preiswerteste. Denn Anrufe bei ihren Hotlines lassen sich die DSL-Anbieter nicht selten teuer bezahlen. Henschler beobachtet, dass die Sache mit einer einseitigen Kündigung nicht immer erledigt ist: „Die Anbieter stellen sich häufig quer.“ Gerade wenn ein Vertrag nur „bis zu“ 16 Mbit verspricht, wird vieles zur Auslegungssache. Dennoch müsse man sich nicht mit deutlich niedrigeren Geschwindigkeiten abfinden. Wer 16 Mbit bestellt hat und nur vier Mbit erhält, den sieht sie im Recht: „Sicher ist das allerdings erst, wenn einmal ein Gericht entschieden hat.“ Bisher gebe es noch kein Urteil.

GLEICHHEIT FÜR ALLE?

Manche DSL-Firmen reagieren auf die Geschwindigkeitsschwankungen. Alice hat unter dem Motto „16 Mbit für alle“ verkündet, nur noch DSL 16 000 anzubieten, „bis zu“ 16 000 Kbit, versteht sich. Geliefert wird aber lediglich, das verrät das Kleingedruckte, die am jeweiligen Anschluss maximal mögliche Geschwindigkeit. Theoretisch könnten Nutzer also mit einem einzigen, langsamen Mbit unter dem DSL16 000-Label surfen. Auch 1&1 hatte auf die Lösung umgestellt. Die Branche spekulierte, ob es einen Einheitstarif geben wird. Dann machte 1&1 einen Rückzieher. Man habe das Produktportfolio „wieder etwas aufgefächert“, hieß es, und um DSL1000 sowie DSL2000 erweitert. Nicht jedoch um die Zwischenstufe DSL6000, an der Arcor und T-Home festhalten, obwohl sich die Raten von DSL6000 und DSL16 000 manchmal nur geringfügig unterscheiden. Bei den Machern des Geschwindigkeitstests speedreport.de beschweren sich regelmäßig Anrufer: „Ich surfe mit sechs Mbit, wo sind meine übrigen zehn Mbit?“ Wer diesen Ärger vermeiden will, dem bleibt eine Alternative: Breitbandanschlüsse von Kabelbetreibern beziehen die Daten über die Fernsehdose. Da leidet die Geschwindigkeit nicht unter der Leitungslänge.

www.wieistmeineip.de

www.speedreport.de

Johannes Gernert

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