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Hinter den Easter Eggs in Programmen und dem Internet verstecken sich digitale Überraschungen.

© Mike Wolff

Easter Eggs bei Google & Co.: Die Jagd nach den verborgenen Schätzen

Im Netz gibt es sie das ganze Jahr. Easter Eggs heißen die versteckten Codes von Webseiten und Computerspielen. Mal führen sie zu einem geheimen Level, mal zu „killer robots“ auf Googles Servern.

Das Web, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2014. Noch immer sind viele Gebiete des Internets unentdeckt. Geheime Webseiten, versteckte Codezeilen. „Easter Eggs“, Ostereier heißen sie. Einige sind nur Spielereien: wie die Möglichkeit, die Buchstaben des Google-Logos in der Such-App herumzuschubsen. Hinter anderen verbergen sich lange Geschichten. Geben Sie zum Beispiel einmal „about:mozilla“ in die Adresszeile des Firefox-Browsers ein. Es erscheint ein Zitat aus dem sogenannten „Buch von Mozilla“. Einer fiktiven Fortsetzung des Neuen Testaments, das die Geschichte des Firefox-Browsers erzählt.

Easter Eggs finden sich an den unterschiedlichsten Stellen. Auf CDs sind nicht selten versteckte Songs zu finden. So beispielsweise ein 13. Lied im neuen „Ghost Stories“-Album von Coldplay, das nur erklingt, wenn man den offiziell letzten Track „O“ der CD nicht abschaltet. Nach einer Pause von sechs Minuten und 18 Sekunden wird das Warten belohnt.

Die meisten Easter Eggs finden sich im Netz. Hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Die Entwickler spielen geradezu mit dem Nutzer – im wörtlichen Sinne: Sucht man bei Google nach „Zerg Rush“, fressen wild gewordene Nullen die Suchergebnisse auf. Und in der Google-Bildersuche reicht der Suchbegriff „Atari Breakout“, um die schnöde Oberfläche in das Kultspiel zu verwandeln. Google gratulierte dem Klassiker damit zum 37. Geburtstag. Nicht ohne Grund referieren viele Easter Eggs an trashige Computerspiele der 90er Jahre. Entwickler sind damit groß geworden. Die Nerdkultur fristet mittlerweile kein Schattendasein mehr. Und das Easter Egg ist ihr ureigenes Genre.

Das erste seiner Art stammte von Warren Robinett, einem US-Spieledesigner. Da Namen der Programmierer bei der Veröffentlichung nie genannt wurden, hinterließ Robinett in einem seiner Konsolenspiele 1979 den versteckten Schriftzug „Created by Warren Robinett“. Das blieb nicht lange unentdeckt. Der Siegeszug des Easter Eggs begann. Das wohl berühmteste Überbleibsel der Nerdkultur bei Easter Eggs ist der Konami-Code – eine Hommage an alte Steuerungskonsolen. Drückt man die Cursortasten in einer bestimmten Reihenfolge, dann „b“ und „a“, wird in vielen Spielen ein Cheat-Modus aktiviert. Der Code geht auf den Entwickler Kazuhisa Hashimoto zurück, der ihn zu Testzwecken in ein Spiel einbaute und zu löschen vergaß. Als Spiele-Fans den Code entdeckten, etablierte er sich als InternetMem. Doch bei all dem Spaß bleibt die Frage nach dem „Warum“. Der Aufwand, den manche Programmierer betreiben, ist erstaunlich. Dabei sind sie in bester Gesellschaft. Seit der Renaissance haben Künstler versucht, ihre Namen in ihren Werken zu verstecken. Manche Künstler wie Rembrandt zeichneten ihre Gesichtszüge in Nebenfiguren ihrer Gemälde. In Filmen werden die Namen der Schaffenden im Abspann erwähnt und auch über diesem Artikel steht der Name des Autors. Programmierer bleiben jedoch in der Regel namenlos. Es sei denn, sie verstecken ihren Namen zwischen den Code-Zeilen von HTML und JavaScript.

Auf der anderen Seite des Bildschirms haben sich mittlerweile ganze Fangemeinschaften etabliert. Menschen, die sich gezielt auf die Suche nach versteckten Zusatzfunktionen von Webseiten machen und sie dann in Foren oder Blogs posten. Dabei sind herkömmliche, verborgene „created by“-Credits schon lange nicht mehr State of the Art. Je verrückter das Easter Egg, desto mehr Anerkennung.

Einer, der schon lange auf der Suche ist, ist Sven Soltmann. Auf seinem Blog „eastereggs.svensoltmann.de“ sammelt er, was er finden kann. Knapp tausend Einträge sind über die Jahre zusammengekommen. Begonnen hat alles mit einem versteckten Flipper-Automaten in Word 97. Nachdem Soltmann die Funktion durch Zufall entdeckte, wollte er sie einem Kollegen zeigen. Doch egal wie oft er es auch versuchte, er fand den geheimen Zugang nicht wieder.

Seitdem ist er auf der Suche. „Ich höre jede Musik-CD wirklich bis zu Ende, um nachzusehen, ob es nicht einen versteckten Song gibt“, sagt Soltmann. Und auch im Netz prüft er Webseiten auf versteckte Codes. „Vieles finde ich durch Probieren oder durch Zufall. Mein liebstes Easter Egg ist, dass man zwei Lieder der CD ,Chaos total‘ gleichzeitig abspielen muss, damit ein drittes Lied daraus wird“, sagt Soltmann. Doch wer so lange sucht, will auch mal selbst verstecken: Soltmanns Blog ist selbst eine Ansammlung von hunderten Easter Eggs. Wer selbst mal suchen will – hier wird er fündig.

Auch auf Youtube sind Easter Eggs ein Hit. Viele der Anleitungen zum Finden der geheimen Features werden millionenfach angeklickt. Ganze Kanäle existieren, die sich nur mit den Ergebnissen unterforderter Programmierer beschäftigen. Berufsspieler berühmter Videospiele wie „Diablo III“ und „World of Warcraft“ präsentieren Geheimlevel, die sie in monatelanger Suche gefunden haben. Youtube selbst hat natürlich auch ein paar Überraschungen auf Lager. Nach der Sucheingabe „do the Harlem Shake“ steht die Seite nicht mehr still.

Google ist ein Meister im Verstecken von Easter Eggs

Doch der wahre Meister im Verstecken kleiner Spielereien, ist jener, der am besten darin ist, Sachen zu finden: Google. Oder besser gesagt: Googles unbekannte Programmierer. Kein Programm hat so viele Geheimkammern und absurde Gimmicks wie der Suchmaschinenriese.

Ein nicht sehr spektakuläres, dafür aber legendäres Easter Egg ist die Datei „killer-robots.txt“ auf Googles Server – eine Hommage an die „Terminator“-Filmreihe. Eine robot-Datei untersagt der Suchmaschine für gewöhnlich, gelistete Dinge zu finden. Googles „killer-robots“-Datei beinhaltet einige skurrile Programmierzeilen, die den sogenannten „User-Agent: T-1000“ und „User-Agent: T-800“ verbieten, die Firmengründer Larry Page und Sergey Brin aufzuspüren. „Terminator“-Fans werden es ahnen: Bei den beiden Agenten T-1000 und T-800 handelt es sich um die todbringenden Maschinen-Meuchelmörder aus den Spielfilmen. Sollten eines Tages die Maschinen die Macht übernehmen, würden zumindest die Google-Gründer überleben. Jede Suche nach ihnen beinhaltet einen Code, die Suche abzubrechen. Clever.

Ob hinter den scheinbar sinnlosen Easter Eggs nicht doch ein wenig PR steckt, der den Firmen ein verspieltes Image verschaffen soll, ist unklar. Googles Pressestelle wollte sich dazu nicht äußern. Klar ist allerdings, dass der Trend rückläufig ist. Nach teils folgenschweren Programmierfehlern fürchten Tech-Unternehmen unautorisierte Codes in ihren Algorithmen. Zudem sind Easter Eggs oft Einfallstore für Viren und Trojaner. Es darf aber bezweifelt werden, dass das in Zukunft namenlose Programmierer davon abhalten wird, ihre persönliche Botschaft zu hinterlassen. Dafür sind die derzeitigen Easter Eggs einfach zu putzig – und zu kreativ.

Best of Easter Eggs

Google, der ungekrönte König der Easter Eggs, veröffentlichte vor kurzem eine Demoversion seines Docs-Programms, in das der User hineinschreiben kann. Doch schon nach einigen Wörtern bekommen Sie hohen Besuch. Nietzsche, Shakespeare, Dickens und Poe geben ihren Senf dazu. Zu finden unter: http://www.google.com/campaigns/gonegoogle/demos.html

Googlen Sie „Google“ rückwärts. Unter dem ersten Anzeigentreffer verstecken sich gleich eine ganze Reihe von verrückten Dingen.

Wenn der Chef ins Büro stürmt und Sie gerade auf einer Webseite surfen, die nur peripher Teil Ihrer Jobbeschreibung ist, kann das ernste Folgen haben. Der Wettanbieter Skybet.com hat vorgesorgt. Mit einem Klick auf das Symbol in der rechten Spalte über dem Facebook-Button verwandelt sich die Seite in eine Excel-Tabelle.

Das berühmteste Zitat aus „Per Anhalter durch die Galaxis“ von Douglas Adams lautet: „42“. Es ist die Antwort auf die Frage „nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“. Im Roman hat ein Supercomputer die Antwort errechnet, während die Menschheit die Frage vergessen hat. Geben Sie doch mal „the answer to life, the universe and everything“ in die Google-Suche ein.

Michel Penke

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