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Publikumsandrang: Rund 10 000 Besucher kommen in diesem Jahr zur International Games Week in Berlin. Die Quo Vadis ist ein Teil davon.

© IGW, Ulf Büschleb

Entwicklerkonferenz Quo Vadis: Neue Erzählformen gesucht

Spiele wie das Rätselabenteuer "Tri" oder "This War of Mine" gehen neue Wege. Die Konferenz Quo Vadis diskutiert auf der Games Week über die Zukunft der Spieleentwicklung.

Jana Reinhardt hat allen Grund zur Freude. Die Game-Designerin aus Halle war gerade beim Deutschen Computerspielpreis 2015 erfolgreich: Ihr Rätselabenteuer „Tri“ erhielt die Auszeichnung als bestes Jugendspiel. Das Preisgeld von 50 000 Euro hilft der Firma Rat King Entertainment, neue Projekte voranzutreiben. „Wir müssen nicht die ganze Zeit auf Markttauglichkeit schauen, sondern können das verwirklichen, was uns Spaß macht und originell ist.“

Zwei Tage nach der Preisverleihung ist Reinhardt auf der Spieleentwickler-Konferenz Quo Vadis unterwegs. Die Veranstaltung ist Teil der International Games Week, die seit Dienstag in Berlin stattfindet. Die Spielewoche soll „die interdisziplinäre Vielfalt der Branche widerspiegeln“, sagt Organisator Michael Liebe – unterstützt wird die Mammutveranstaltung vom Branchenverband BIU und vom Medienboard Berlin-Brandenburg. Bis zum Sonntag läuft die Games Week noch, unter anderem mit der Ausstellung „A Maze“ auf dem Urban-Spree-Gelände und dem „Gamefest am Computerspielemuseum“ mit Konzerten und Theaterstücken.

Die Quo Vadis war Fachbesuchern vorbehalten: Im Café Moskau und im Kino International traf sich bis Donnerstag die Branche, um über neue Entwicklungen der Spieleindustrie zu diskutieren. Unter den 170 Rednern waren Industrie-Veteranen wie Ed Fries, „Vater“ der ersten Xbox und heute als Berater weltweit gefragt. Oder Noah Falstein, in den achtziger Jahren einer der ersten Mitarbeiter der legendären Spieleschmiede Lucasfilm. Falstein arbeitet heute für Google – und spricht auf der Quo Vadis über Chancen und Risiken der Spieleentwicklung mit Virtual-Reality-Brillen: Die Technologie ist noch keineswegs ausgereift, auch mangelt es an packenden Spielkonzepten.

Neben den Veteranen Fries und Falstein besuchten noch zahlreiche andere Games-Größen die Quo Vadis: zum Beispiel Glen Schofield und Michael Condrey von der Firma Sledgehammer („Call of Duty“), Matias Myllyrinne von Remedy („Max Payne“, „Alan Wake“) oder Kacper Kwiatkowski und Marek Ziernak aus den polnischen 11 Bit Studios, die mit „This War of Mine“ gerade erst ein hochgelobtes Antikriegsspiel veröffentlicht haben. Am Mittwoch diskutierten Branchenvertreterinnen wie Kate Edwards und Phoenix Perry darüber, wie Chancen von Frauen in der nach wie vor männerdominierten Spieleindustrie verbessert werden können – etwa durch veränderte Rekrutierungsprozesse.

2014 wurden mit Spielen rund 2,7 Milliarden Euro erwirtschaftet

Die Computerspielbranche ist hochdynamisch und hat die Filmbranche wirtschaftlich längst hinter sich gelassen. In Deutschland erzielten Games 2014 einen Gesamtumsatz von 2,67 Milliarden Euro, ein Plus von elf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Quo Vadis vermittelte einen guten Eindruck von der Vielfalt des Marktes: Im Stundentakt fanden Workshops und Vorträge statt, in den Räumen des Cafés Moskau präsentierten zahlreiche Entwickler Anspielversionen ihrer Games. „Eine der Hauptfragen der Konferenz ist: Wie erzähle ich spannende Geschichten im Spiel?“, sagt Tobias Kopka, Programmleiter der Quo Vadis. Spiele wie „This War of Mine“ hätten bewiesen, dass Geschichtenerzählen auch ohne endlose Zwischensequenzen möglich sei. Empathie für Kriegsopfer entsteht hier gerade dadurch, dass man ihre Rolle einnimmt und mit knappen Ressourcen überleben muss.

Technologie spielte auf der Quo Vadis eine mindestens ebenso große Rolle wie die Inhalte. Inzwischen gibt es mehr als hundert Grafik-Engines: Programme wie Havoc, Unity oder die Cryengine sind Basiswerkzeuge, um virtuelle Welten entstehen zu lassen – mit jedem Update eröffnen sich auch neue Möglichkeiten. Ein weiteres Hauptthema war die Entwicklung für verschiedene Plattformen: Zuletzt hat sich ihre Zahl enorm erhöht, besonders durch Smartphones und Tablets. Deshalb planen auch die Entwickler des Berliner Indie-Studios „Maschinen-Mensch“, ihr Strategiespiel „The Curious Expedition“ später auf Mobilgeräten zu veröffentlichen. Riad Djemili von „Maschinen-Mensch“ gehörte zu den Sprechern der Quo Vadis: In seinem Panel ging es darum, wie Indie-Studios ohne viel Marketinggeld eine große Zielgruppe erreichen können. Ein Thema, das auch Preisträgerin Jana Reinhardt bei ihren nächsten Projekten beschäftigen wird. Achim Fehrenbach

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