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Facebook macht in letzter Zeit viel negative Schlagzeilen.

© Reuters

Facebook: Neue Funktionen verwirren die Nutzer

Mit seinen ständigen Neuerungen sorgt das Netzwerk Facebook für Verunsicherung. Manche Warnung vor vermeintlichen Datenlecks entpuppen sich zwar als Fehlalarm. Trotzdem: Das Misstrauen der Nutzer wächst - und wird für den Konzern zum Problem.

Wenn Konkurrenz das Geschäft belebt, steht die Welt der sozialen Netzwerke kurz vor dem Kollaps. Seitdem Google+ droht, der bisherigen Nummer eins den Rang abzulaufen, feuert Facebook nämlich aus allen Rohren. Ein neues Feature jagt das andere. Für die Nutzer ist das der reinste Stress. Ständig müssen sie sich mit neuen Schaltflächen, einem neuen Layout und neuen Voreinstellungen zurecht finden. Bei den Privatsphäreeinstellungen sind die Nutzer aus Erfahrung besonders vorsichtig geworden.

Als Facebook vor kurzem nun die "Abonnieren"- und eine Ticker-Funktion einführte, war es wieder einmal so weit: Einigen Usern war aufgefallen, dass sie in dem neuen Ticker die Status-Updates von Unbekannten lesen konnten - nämlich dann, wenn einer der "Freunde" mit dieser Mitteilung interagiert hatte. Davon aufgeschreckt verbreiteten viele User Anleitungen, was gegen die unerwünschte Öffentlichkeit zu tun sei. Ob es ein Reflex der von Datenskandalen alarmierten Nutzer, Naivität oder ernsthafte Besorgnis war - die Falschmeldung verbreitete sich jedenfalls wie ein Lauffeuer.

Richtig ist, dass die Meldungen durch die neuen Tickerdarstellungen aus den Tiefen des Netzwerkes hervorgeholt werden. Sie waren aber schon vorher sichtbar, nur an anderer Stelle. Wer seine Facebook-Aktivitäten auch "Freunden von Freunden" zugänglich macht, taucht dann eben unter Umständen auch im Ticker eines "Fremden" auf.

Obwohl es sich in diesem Fall also um einen Fehlalarm handelte, zeigt es, wie groß das Misstrauen der Nutzer gegenüber dem Anbieter ist - und die Angst vor dem Kontrollverlust. Wenn sich die Menschen schon fragen: "Wer teilt hier eigentlich was mit wem?" dann stimmt entweder etwas nicht mit dem Netzwerk oder mit seinen Nutzern. Vermutlich ist es etwas von beidem.

"Wenn es irgendwo etwas umsonst gibt, dann bist du nicht der Kunde, sondern das Produkt." Weiter auf Seite 2.

Naiv sind die Internetnutzer jedenfalls nicht. Sie haben längst begriffen, dass sie den Konzernen etwas liefern, das bares Geld wert ist: Unmengen von Daten. Der Wiener Student Max Schrems hat nun erstmals das volle Ausmaß der Datensammelwut bei Facebook nachgewiesen. Er berief sich auf EU-Recht und hat seine Daten auf einer CD angefordert. Was er bekam, waren 1.200 PDF-Seiten, die teilweise erstaunliche Informationen erhielten. Mit diesem Material in den Händen hat Schrems in 22 Punkten Anzeige gegen Facebook erstattet.

Tausende von Facebook-Usern machen es ihm nun in einer Boykott-Aktion nach. Sie wollen Facebook nicht bekämpfen oder verklagen. Sie wollen den Konzern zum Umdenken bewegen, indem sie ihn mit Anfragen überhäufen. Tatsächlich vermeldet das Unternehmen mittlerweile, dass es die vorgegebene Lieferfrist der angeforderten Daten-CDs von 40 Tagen nicht mehr einhalten könne.

Die Aktivisten kämpfen noch mit dem "alten" Facebook, da bereitet der Konzern schon seinen neuesten Coup vor: Facebook Timeline. In der Profil-Chronik soll in Zukunft das gesamte Leben der Nutzer dokumentiert werden. Innerhalb des World Wide Web soll das sogar vollautomatisch geschehen. Erste Anwendungen sind bereits im Einsatz, zum Beispiel auf Nachrichtenseiten. Mit diesen Applikationen wird der "Gefällt mir"-Button überflüssig. Allein durch den Aufruf der Seite oder eines bestimmten Beitrages erscheint eine entsprechende Mitteilung in der Chronik, für Freunde und Abonnenten sichtbar. Damit soll das Teilen noch einfacher werden, verkündet Facebook. Dass dem Nutzer dabei unversehens peinliche Dinge passieren können ist die eine Sache. Man muss sich aber auch fragen: Wohin soll das führen? Zu einem Netz im Netz, das nur demjenigen Einlass gewährt, der jede seiner Bewegungen offenbart?

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