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Medien & KI: Ganz vorn dabei

Die besten Plätze in den Trefferlisten von Internetsuchmaschinen sind hart umkämpft. Einige Unternehmen greifen dabei auch zu unlauteren Mitteln.

„Kostenfallen im Internet“ heißt eine internationale Kampagne, die der Bundesverband der Verbraucherschutzzentralen jetzt im Rahmen des Netzwerks ICPEN (International Consumer Protection and Enforcement Network) gestartet hat. Die Aktion richtet sich gegen die Irreführung von Verbrauchern im elektronischen Geschäftsverkehr und soll über unlautere Praktiken im Netz aufklären. Ein weitgehend unbekannter, in der Praxis aber überaus wichtiger Bereich ist die Manipulation beim Suchmaschinenmarketing: Mit harten Bandagen – und oft auch mit unzulässigen Tricks – kämpfen die Unternehmen dabei um die prominentesten Plätze in den Trefferlisten von Internetsuchmaschinen.

Obwohl die Suchmaschinenbetreiber ihre Strategien ständig weiterentwickeln, um den Nutzern möglichst relevante Ergebnisse bieten zu können, finden schwarze Schafe unter den Unternehmen immer wieder Wege, den guten Ruf anderer Firmen in unzulässiger Weise auszunutzen. Das Ziel ist es dabei, die eigene Position auf den Ergebnislisten zu verbessern. Besonders beliebte Taktik: Fremde Markennamen werden – für den Nutzer unsichtbar – als Schlüsselwörter in den sogenannten Metatags von Internetseiten untergebracht. Metatags sind Informationen zum Inhalt einer Website, die zwar Bestandteil der Seite sind, aber nur im sogenannten Quelltext auftauchen. Der Verbraucher, der eine Seite aufruft, bekommt sie nicht zu Gesicht. Suchmaschinen dagegen berücksichtigen die Metatags, wenn sie eine Rangfolge für bestimmte Suchbegriffe erstellen.

Für den Nutzer ist mitunter nur schwer nachvollziehbar, warum bei der Suche nach bestimmten Markennamen Verweise auf ganz andere, irrelevante Webseiten die Trefferlisten und Werbungsspalten anführen, die nicht etwa das gesuchte Marken-, sondern ein Konkurrenzprodukt anbieten, oder sogar etwas ganz anderes.

Derartige Praktiken sind nach der Wertung des Bundesgerichtshofs (BGH) unzulässig, jedenfalls dann, wenn bekannte Markennamen ohne Berechtigung gezielt genutzt werden, um auf den Trefferlisten für eine Platzierung in den vorderen Rängen zu sorgen.

Auch in den Werbeanzeigen, die von den eigentlichen Trefferlisten getrennt auf den Suchmaschinenseiten erscheinen, wird mit ähnlichen Tricks gearbeitet. Das werbende Unternehmen bucht kostenpflichtig Schlüsselwörter beim Suchmaschinenbetreiber, um bei bestimmten Begriffen ganz gezielt seine Anzeige erscheinen zu lassen. Allein in den letzten Monaten ergingen zu diesem Thema – der sogenannten kontextsensitiven Werbung – zahlreiche richtungweisende Urteile, die derartige Praktiken für unzulässig halten. Eine höchstrichterliche Entscheidung durch den BGH steht allerdings noch aus.

Grundsätzlich gilt: Es darf kein mit dem Original identischer Markenname benutzt werden, wenn hierdurch der gute Ruf und der Herkunftsnachweis der fremden Markenbezeichnung ausgenutzt werden soll – beispielsweise um die Suchmaschinenplatzierung des eigenen Unternehmens zu verbessern. Eine dem Markennamen ähnliche Bezeichnung, also zum Beispiel einen geringfügig falsch geschriebenen Namen, darf man ebenfalls nicht als Schlüsselwort verwenden, sofern dadurch die Gefahr besteht, dass der Verbraucher die beiden Produkte verwechselt.

Begriffe, die zwar nicht als Marke geschützt sind, aber trotzdem Waren fremder Unternehmen kennzeichnen, dürfen ebenfalls nicht als Schlüsselwörter missbraucht werden. Denn auch das allgemeine Wettbewerbsrecht verbietet Verhaltensweisen wie Rufausbeutung und Kundenfang und fordert darüber hinaus die deutliche Trennung von Werbung und Inhalten. Sie soll dem Verbraucher deutlich machen, wann er es mit Suchmaschinentreffern und wann mit Werbeanzeigen zu tun hat.

Die Gerichte setzen sich immer wieder intensiv mit der Frage auseinander, welche Anforderungen dabei an das Verständnis des Internetnutzers zu stellen sind: Manche Richter meinen, der Verbraucher sei schlau genug, um genau zu wissen, dass Links in Werbeanzeigen nicht immer auf Internetseiten führen, auf denen das gesuchte Produkt auch tatsächlich angeboten wird. Generell zeichnet sich in der Rechtsprechung derzeit aber eher eine vorsichtigere Sichtweise ab: Der Verbraucher soll weitestgehend vor irreführenden Praktiken geschützt werden.

Einige Suchmaschinen zeigen bereits von sich aus Hinweise wie „Sponsored Links“ an oder heben Werbeanzeigen optisch hervor, um Verwechslungen zu vermeiden. Ein gemeinsamer Verhaltenskodex konnte sich bislang zwar nicht durchsetzen. Dennoch weisen die großen Suchmaschienenbetreiber in ihren Regularien darauf hin, dass eine Manipulation der Trefferlisten untersagt ist. Verstöße werden im schlimmsten Fall mit der Verbannung einer Seite aus der Suchmaschine geahndet.

Um unlauteren Praktiken entgegenzuwirken, kann der Verbraucher auch selbst etwas unternehmen: Verstöße können an die zuständigen Verbraucherzentralen gemeldet werden (in Berlin: www.verbraucherzentrale-berlin.de). Handelt es sich um ausländische Unternehmen, wird das internationale Netzwerk für Verbraucherschutz ICPEN aktiv, an das sich der Internetnutzer über die Seite www.econsumer.gov wenden kann. Betroffene Markenunternehmen haben schließlich die Möglichkeit, direkt auf Unterlassung und Schadenersatz zu klagen.

Die Autorin ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Schwarz, Kelwing, Wicke, Westpfahl in München (www.skwlaw.de).

Sabine Richly

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