zum Hauptinhalt

Handy-Apps: Endlich mal Fairness im Krieg

Programme für das iPhone und andere Handys können mehr als die Wetterlage beschreiben. Einige werden auch für das Schlachtfeld entwickelt. Stephen Bench-Capon zu den möglichen Konsequenzen solcher so genannten Apps für die moderne Kriegsführung.

NATO-Soldaten in Afghanistan verwenden ein neues Programm für das iPhone, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Die App "Bulletflight" hilft einem dabei, die Flugbahn seiner Projektile zu berechnen. Die Revolution, die solche Apps in die Kriegsführung mit sich bringen, ist nicht die einer effektiveren Tötung. Sich gegenseitig zu erschießen und zu bombardieren, erledigen Soldaten auch ohne Handy gut genug.

Viel bedeutsamer ist die universelle Zugänglichkeit der Technik. Früher haben Imperien Rüstungswettläufe geführt, um mit schnelleren Panzern oder Radarflugzeugen ihre Siegeswahrscheinlichkeit zu verbessern. Auch heutzutage wird das technische Wissen hinter der Atomwaffentechnik streng geheim gehalten.

Eine App ist nicht geheim. Jeder kann sie downloaden. Sogar ich könnte das, wenn ich ein iPhone hätte. Es mag sein, dass es machbar ist, das Runterladen einer App in bestimmten Ländern zu verhindern. Dann muss aber der "Böse" bloß einmal ins Ausland fahren, um an den Schatz heranzukommen. Das ist auf jeden Fall viel weniger anstrengend, als einen Geheimdienst infiltrieren zu müssen oder ähnliches.

Im Endeffekt heißt das: Open-Source-Krieg. Jeder hat Zugang zu den besten Mitteln, den anderen umzubringen. Das kann nur gut sein. Wenn eine Armee mit Maschinengewehren und Bombern eine mit nichts außer Musketen und Steinwerfern besiegt, kann man überhaupt nicht beurteilen, ob der Sieg verdient ist. Jenson Button wäre vermutlich ohne Doppel-Diffusor auch nicht Formel-Eins-Weltmeister geworden.

Schon vor tausenden Jahren spielten die verschiedenen Vorteile der Streitwagen bei den Hethitern und Ägyptern eine entscheidende Rolle. Diese Urzivilisationen hatten aber wenig Sinn für Gerechtigkeit nach heutigem Maßstab. Gerecht wäre: alle besitzen dieselben Mittel und stehen demnach auf gleicher Augenhöhe. Dann kommt es viel mehr auf das Geschick des Soldaten an, nicht auf seine Ausrüstung.

Im Sinne der Fairness wollen wir ja schließlich, dass die besten Krieger die Kriege gewinnen, nicht nur die mit den besten Waffen. Die weltklassen Streitkräfte werden durch eine gut ausgewogene Kombination von Marine, Heer, Luftwaffe und natürlich durch harte Arbeit eine harmonisch zusammenarbeitendes Team bilden.

Auch wenn alle Militärs der Welt sich gut ausbilden, mache ich mir keine Sorgen, dass es zu einem weltweiten Patt oder gar Frieden kommen wird. Kommandeure wird es immer geben, die mit neuen Strategien, Aufstellungen oder Trainingsmethoden ihren Truppen ein Vorteil verschaffen. Und wenn nicht, haben wir Elfmeterschießen. Dafür gibt’s immer noch keine App.

Stephen Bench-Capon

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false