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Immer Ärger mit Windows: Linux-Fans reiben sich am großen Konkurrenten

Dauerfehde zwischen Linux und Microsoft. Seit der Einführung von Windows 8 haben PCs ein neues Startsystem, das Linux ausbremst. Auf dem Linuxtag in Berlin werden Lösungen präsentiert.

Es ist eine paradoxe Situation: Das freie Betriebssystem Linux kann einen Erfolg nach dem anderen feiern. Das US-Unternehmen Red Hat hat mit Linux und Open-Source-Software im Jahr 2012 erstmals über eine Milliarde Dollar umgesetzt. Auf der Raumsituation ISS arbeiten inzwischen mehr Systeme mit Linux als mit Windows. „Jeder Mensch besitzt zwischen drei und zehn Geräten, die mit Linux laufen. Das auf Linux basierende Smartphone-Betriebssystem Android führt den Markt mit Abstand an. 100 Prozent der Flachbildfernseher arbeiten mit Linux“, sagte der Open-Source-Experte Carsten Ende am Mittwoch bei der Eröffnung des Linuxtags 2013 in Berlin. Der Linuxtag ist Europas führende Fachmesse und Konferenz rund um Linux, Open Source und freie Software.
Doch gerade dort, wo Linux-Erfinder Linus Torvalds zu Anfang der 1990er Jahre den Grundstein für diesen Erfolg legte, sieht sich das alternative Betriebssystem vor einem bislang ungelösten Problem: auf dem Computer. Die neuen, für Windows 8 optimierten PCs haben ein neues Startsystem erhalten, das Linux-Freunden seither das Leben schwer macht. Während es zuvor selbst für weniger versierte Computernutzer relativ einfach war, parallel zu Windows ein Linux-System zu installieren oder ohne komplette Installation von einer Live-CD zu starten, um zum Beispiel Ubuntu, OpenSuse oder Fedora auszuprobieren, so ist dies nun nur noch mithilfe einiger Tricks möglich.

Linux unterscheidet sich von Windows unter anderem darin, dass es nicht nur eine aktuelle Version gibt, sondern verschiedene Distributionen von unterschiedlichen Projekten und Firmen. Zu den am stärksten verbreiteten Distrubitionen gehört derzeit Ubuntu. Auch Windows-Nutzer finden sich in dieser Linux-Variante beinahe auf Anhieb zurecht. Thorsten Franz vom Verein Ubuntu Deutschland ärgert sich über die Probleme mit dem neuen Startsystem. Gerade für Einsteiger sei das „ein verhinderndes Element“, sagt er. Seit den ersten Linux-Distributionen lief das alternative Betriebssystem auf jedem Computer, der auch mit Windows zurechtkam. Zwar gab es immer wieder Probleme mit einzelnen Hardwarekomponenten. Die Grafikkarten von Nvidia stellen die Entwickler beispielsweise regelmäßig vor Probleme, in anderen Bereichen zum Beispiel bei Treibern für Wlan-Karten wurden diese jedoch immer rasch gelöst. Nils Magnus, der Chef des Linuxtages, macht für die aktuellen Schwierigkeiten mit dem neuen Startsystem die Hardwarehersteller verantwortlich, die nicht alle Details veröffentlicht hätten. So müssen sich die Linux-Entwickler eigene Lösungen erarbeiten, was seine Zeit braucht. Das weiß auch Ubuntu-Fan Franz. „Eine Out-of-the-Box- Lösung ohne zusätzliche Schritte ist in Arbeit, bis zur Fertigstellung kann es aber noch etwas dauern“, sagt er.

Die Ursache des Problems liegt im Stammhirn des Computers. Bevor Betriebssysteme wie Windows oder Linux arbeiten können, muss der Computer gestartet werden, die vorhandenen Geräte wie die Grafikkarte oder die Festplatte müssen eingebunden werden, erst dann können die dem Nutzer vertrauten Systeme die Arbeit aufnehmen. Seit Markteinführung der Personal Computer in den 1980er Jahren war dafür das „Basic Input Output System“ – oder kurz „Bios“ genannt – zuständig. Entsprechend in die Jahre gekommen drängte insbesondere Microsoft darauf, es durch ein zeitgemäßes System abzulösen. Dieses heißt nun UEFI, was für Unified Extensible Firmware Interface steht. Ein Bestandteil davon ist das Modul Secure Boot, also das sichere Starten. Es soll verhindern, dass Schadsoftware den Rechner infiziert, aber auch andere Programme können am Start gehindert werden. Ist Secure Boot aktiviert – was faktisch für jeden neu gekauften Windows-8-Rechner gilt –, lässt sich Linux nicht starten.

Einige Linux-Distributionen umschiffen das Problem inzwischen

In gewissem Umfang haben die Linux-Entwickler das Problem inzwischen umschifft. Einige Distributionen wie die zunehmend beliebtere Variante Mageia unterstützten das neue Startsystem inzwischen immerhin auf experimenteller Basis, allerdings ohne die Secure-Boot-Option. Diese Funktion muss im Startsystem deaktiviert werden. Das hat allerdings zur Folge, dass Windows 8 dann nicht mehr startet. Die Ubuntu-Version 12.10 soll auch mit dem Zusatz für das sichere Booten zurechtkommen. Anders als in der Zeit vor UEFI und Secure Boot gibt es dafür jedoch keine pauschale Garantie. Ob Linux mit der eigenen Hardware kompatibel ist, lässt sich im Zweifel erst durch einen Versuch ermitteln. Die Fachzeitschrift „c’t“ hatte für das Heft 11/13 neun PCs auf ihre Linux-Kompatibilität getestet. Das Ergebnis war ernüchternd: „Vier liefen ordentlich, drei einigermaßen und zwei gar nicht mit Linux“, fanden die Experten heraus. Kurt Sagatz Am Freitag findet auf dem Linuxtag im Konferenzraum „Weimar 2“ ein ganztätiger Workshop zum Boot-Problem statt.

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